Die Entdeckung von KARGUL
#3
Die Kolonne der Männer schleppte sich über ein flaches Wüstenstück auf dem sie knöcheltief in den feinen rotbraunen Staub einsanken. Der Marsch war schon ohne das zusätzliche Gewicht der geborgenen Ausrüstung beschwerlich, aber nun wurde er zu einem Marsch der bei Allen an den Kräften zehrte. Die Marines waren gut ausgebildet und hatten Erfahrung mit solchen Gewaltmärschen. Gregs Team dagegen bestand aus Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern, die froh waren wenn sie ins nächste Stockwerk gehen konnten ohne gleich außer Puste zu gelangen. Simon sah vor sich Dr. Schinsky ein Spezialist auf dem Gebiet der Altersbestimmung. Schinsky war ein Eigenbrödler der selten an gemeinsamen Veranstaltungen teil nahm und der gezwungener Maßen auf dieser Expedition in Simons Team versetzt worden war. Was er Simon auch bei jeder sich bietender Gelegenheit spüren ließ. Erst vor zwei Tagen waren sie wieder einmal anenander geraten als Schinksy die Ergebnisse von Simons Berechnungen kritisierte und ihn einen Stümper nannte. Aber, und das mußte man Schinsky lassen, er war gewissenhaft und er hatte Recht gehabt. Simon hatte sich um lächerliche 1000 Jahre verrechnet.

1000 Jahre, Simon musste bei dem Gedanken leise lachen, was war das schon im Vergleich zu der Zeitspanne die sie vor sich hatten. Das Gebäude auf dem Plateau sollte nach ersten Scans über 25.000 Jahre alt sein. Simon hatte alle Unterlagen mehrfach überprüft und sie auch Schinsky zur Gegenkontrolle gegeben, das Ergebnis war einstimmig. Das Bauwerk wurde auf 25.567 Jahre datiert. Als Basis diente der Termin der ersten Landung auf Mars 2120. Wie früher auf der Erde Daten in vor Christus und nach Christus tituliert wurden war man auf Mars 2120 dazu übergegangen die erste Landung als Fixpunkt zu nehmen. Sämtliche Zeitdaten wurden demnach in v.L. und n.L. angegeben. Simon sinnierte über die Dinge die sie wohl um das Bauwerk herum und in seinem Innern finden würden. Darüber versank er in ein stetiges Tempo bei dem er alles um sich herum vergaß.

>Petrella, sind sie eigentlich völlig übergeschnappt!?< schrie ihn Taggart an >Kommen sie sofort zurück zur Gruppe oder ich lasse sie da draussen einfach verrecken!!!< Simon erschrak und blickte auf. Er stand allein mitten auf einer Sanddüne, der Rest der Gruppe musste die Richtung geändert haben und er war völlig in Gedanken versunken weitergelaufen ohne darauf zu achten. Als er sich umdrehte sah er die letzten Nachzügler hinter einer Gruppe aus Steinen verschwinden. So schnell er konnte folgte er ihnen und war bald in Schweiß gebadet. Die Spezialanzüge filterten das Wasser und bereiteten es wieder auf, doch diese Wassertaschen schränkten ihn auch in seiner Bewegungsfreiheit ein. Er war es nicht gewohnt länger als die 3 Stunden wöchentlich beim Training in solch einem Anzug zu stecken. Verdammt er war Wissenschaftler und keiner dieser hirnlosen Waffenidioten. Er fühlte sich bei seinen Zahlen und Diagrammen heimischer als bei dieser Truppe muskelbepackter und befehlsgieriger Roboter. Wütend kickte er einen Stein auf dem Weg davon und beeilte sich zur Gruppe aufzuschließen.

Als er nach 20 Minuten im Laufschritt wieder aufgeschlossen hatte stand die Gruppe am Fuß einer Felsklippe die über hundert Meter steil in den Himmel ragte. Das letzte und gleichwohl schwerste Hindernis auf ihrem Weg. Irgendwie mussten sie da rauf kommen. Simon legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Da traf ihn ein harter Schlag auf den Helm und Taggart stand wutschnaubend hinter ihm. >Petrella ist ihnen eigentlich bewußt das sie die ganze Mission gefährden indem sie sich strikt weigern meine Befehle zu befolgen? Sie können sich bei den beiden Scouts da hinten bedanken die sie mutterseelenallein in der Wüste entdeckt haben. Keiner aus ihrem ach so tollen Team hat bemerkt das sie sich von uns getrennt hatten. Ach was rede ich hier, ihr Zahlenschnösel seid doch alle gleich....< damit drehte sich Taggart um und stampfte zu seinen Männern. Simon schaute umher und sah in betretene Gesichter, außer bei Schinsky der ihn mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung anschaute. Simon schauderte, wenn ihm irgendetwas zustieß dann würde Schinsky die Leitung des Wissenschaftsteams übernehmen. Schinsky war karrieregeil, das wusste Simon, aber würde er wirklich soweit gehen, mit seinem Leben zu spielen?

Der Gedanke war beängstigend und entbehrte nicht einer gewissen Logik. Auch die häufigen Reibereien wurden so in eine neues Licht getaucht. Und Simon würde Schinsky im Auge behalten, doch im Moment musste er sich auf andere Dinge konzentrieren. Die Marines hatten angefangen an der Felsklippe emporzukelltern um Sicherungsseile zu verankern. Die schwarzen Silhouetten hoben sich scharf gegen den hellbraunen Stein ab. Sie bewegten sich fast wie Spinnen und erklommen die ersten 50 Meter in atemberaubender Geschwindigkeit. Dort oben musste es einen Vorsprung geben, denn die schwarzen Schatten verschwanden hinter einer Kante. Und dann wurden Seile nach unten geworfen. Taggart stand am Fuß der Klippe und dirigierte seine Männer. Aus einiger Entfernung sah es fast wie Ballet aus. Taggarts Team hatte diesen Punkt immer und immer wieder trainiert und so war die Ausrüstung in weniger als einer Stunde auf dem Vorsprung deponiert und einer nach dem Anderen begann an den Seilen nach oben zu steigen. Taggart und zwei seiner Männer sicherte den Aufstieg. Schinsky hackte sich gerade ins Seil ein als Simon nocheinmal nach oben schaute.>In Deckung, Steinschlag< tönte die Stimme eines Marines von oben. Und dann fielen auch schon die ersten Brocken in den Staub. Als sie aufschlugen wirbelte eine dichte Wolke aus Staub auf und nahm inen kurzzeitig die Sicht. Simon warf sich auf den Boden und schützte seinen Helm mit deinen Händen. Er spürte die Schläge die die Gesteinsbrocken verursachten, wenn sie dumpf aufschlugen. Die Teammitglieder schrieen wild durcheinander als jeder versuchte Schutz zu finden. Die freie Fläche am Fuß der Klippen war dafür denkbar ungünstig. Simon lugte vorsichtig zur Klippe und sah dunkle Schatten durch die Staubwolke fliegen und der Lärm der Geröllawine war ohrenbetäubend. Simon hoffte das sich die Männer auf dem Vorsprung halbwegs in Sicherheit bringen konnten. Simon erkannte Taggart der sich dicht an die Klippe presste und Schinsky der geduckt auf Taggart zusprintete. Schinsky warf sich neben Taggart und sein Helm ruckte nach oben, als ein dunkler Schatten durch die Staubwolke auf sie zufiel. Taggart war schon auf den Beinen und hechtete aus dem Gefahrenbereich. Schinsky war nicht so schnell wie Taggart, als er sich auf alle Viere hochstemmte und kaum 2 Meter von der Wand entfernt war schlug der Stein mit einem lauten Plop auf. Simon könnte schwören er hätte die Knochen von Schinsky brechen hören und ein letztes Keuchen des Alten, bevor der Stein Schinsky unter sich zermalmte.>Entwarnung< kam die Meldung vom Vorsprung. Und Taggart rappelte sich hoch. Knieend schaute er um her und winkte die einzelnen Personen zu sich heran. Auch Simon beeilte sich diesmal Taggarts Befehl zu gehorchen und so sammelten sie sich um Taggart. >Alle Mann rauf da bevor noch so ne Lawine runterkommt, Petrella sie bleiben direkt neben mir und bilden mit mir das Schlußlicht, verstanden?< Die Männer nickten und begaben sich in Zweiergruppen zu den Seilen. Simon und Taggart schauten ihnen zu bis sie schließlich allein waren.>Petrella ich komm mir langsam echt vor wie ein Kindergärtner, also bauen sie keinen Scheiß mehr!<

Simon schluckte schwer als er an Schinsky dachte und kletterte Seite an Seite mit Taggart am Seil empor. Auf dem Vorsprung half man ihnen und Simon wurde von 4 starken Armen auf dem Sims gezogen. Als er wieder zu Atem gekommen war erkannte er das die Männer hier oben echtes Glück gehabt hatten. An der Rückseite des Vorsprungs gab es eine kleine Ausbuchtung im Fels, keine Höhle aber dennoch ein guter Schutz. Die Ausrüstung stand dort und die Marines hatten sich zwischen die Kisten gestellt um der Lawine zu entgehen. >Wieviele Männer haben wir verloren Taggart?< Simon war müde und niedergeschlagen. War es das alles wert? Nachdem Taggart die Missionsliste durchgegangen hatte drehte er sich langsam zu Simon um >Die Lawine hat uns 5 Männer gekostet, darunter auch Schinsky aus ihrem Team< Simon nickte nur kurz, er fühlte sich einfach zu leer um noch irgendwas zu sagen. Er schleppte sich hinüber zu den Kisten und ließ sich schwer auf einer nieder.

Er musste eingeschlafen sein, kein Wunder bei all dem was er in kürzester Zeit durchmachen musste. Taggart legte seine Hand auf seine Schulter und rüttelte ihn vorsichtig wach >Petrella? Kommen sie, ich möchte das sie sich etwas ansehen. Meiner Männer haben etwas entdeckt< Simon blickte direkt in das Gesicht von Taggart. Ein nicht zu deutendes Glitzern lag darin und Simon fröstelte. Er erhob sich und folgte Taggart zum Rand des Vorsprungs. Taggart deutete aufgeregt nach oben und Simon folgte seinem Arm und riß die Augen auf. Keine 10 Meter über ihnen waren Reste einer Treppe zu erkennen. Keine normale Treppe, die Stufen mussten für Titanen gebaut worden sein. Soweit Simon es erkennen konnte war jede Stufe knappe zwei Meter hoch und fünf Meter breit. Die Treppe führte zwischen den Steinformationen nach oben und war so geschickt an das Gelände angepasst worden das sie sie von unten nicht bemerkt hatten. Simon drehte sich zu Taggart um und war sprachlos. Taggart grinste fett hinter seinem Visier und bedeutete ihm zu folgen. Sie gingen hinüber zu den Anderen und wiesen ihre Teams ein. Jeder lud sich ein Stück der Ausrüstung auf die Schultern und reihte sich ein. Drei Männer aus Taggarts Team hatten mittler Weile eine provisorische Strickleiter gebaut und so gestaltete sich der Aufstieg zur ersten Treppenstufe weitaus einfacher als gedacht. Alle halfen zusammen und als Simon nach zwei Stunden an der Seite von Taggart die letzte Stufe erklommen stockte beiden der Atem.

Das Plateau erstreckte sich zwei bis dreihundert Meter voraus und war ungefähr fünfhundert Meter breit. Eben als wäre es poliert worden, leicht spiegelte es den Himmel über sich und kein einziges Staubkorn war zu entdecken. Woher zum Teufel kamen dann die Steine, die fünf ihrer Männer das Leben gekostet hatten? Simon blickte sich um und auch Taggart war mehr als nur verwirrt. Den Männern aus dem Team ging es nicht anders, sie standen mit offenen Mündern da und schauten von einer Seite zur Anderen. Nun wusste es Simon, ja jedes gottverdammte Opfer war es wert gewesen. Im hinteren Drittel des Pleteaus erhob sich majestetisch das Bauwerk. Seine Oberfläche schimmerte leicht in einem Goldton, als wäre sie aus Messing. Das ganze Gebäude wirkte mächtig und doch filligran, an seiner Spitze hatte es beidseitig Türme die in Verästelungen ausliefen. Am Ende jedes dieser Fortsätze glomm ein weißes Licht. Auch die beiden Turmspitzen leuchteten in einem strahlenden weißen Licht, das komischer Weise greller war als alles Andere was Simon je gesehen hatte und doch nicht im Mindesten blendete. Doch was Simons Aufmerksamkeit am meisten erregte war dieses blaue pulsierende Leuchten das aus dem Innern einer mehrere Stockwerke hohen Sphäre zu kommen schien. Man könnte fast meinen das Gebäude hätte einen eigenen Herzschlag.

Ehrfürchtig stand Simon Petrella neben Taggart und beide wußten, das ihre Namen in die Geschichtsbücher eingehen würden, als die Entdecker von KARGUL !
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Die Entdeckung von KARGUL - von MURDOCthePSYCHO - 01.11.2010, 16:16
Die Entdeckung von KARGUL - von MURDOCthePSYCHO - 19.11.2010, 10:36
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Die Entdeckung von KARGUL - von MURDOCthePSYCHO - 20.12.2010, 16:30
Die Entdeckung von KARGUL - von MURDOCthePSYCHO - 20.12.2010, 16:30