27.02.2008, 18:00
Hallo Sigrid,
jetzt habe ich mich erstmal hingesetzt, in die Luft geguckt
und mir überlegt, wie ich anfangen könnte.
Denn zu Deinen Bildern gibt es einiges zu sagen. ;-)
Verstehe bitte alles als gut gemeinte Kritik und in keiner Weise abwertend, ok?
Du fotografierst, unabhängig vom Kameraprogramm, grundsätzlich im "Schnappschuss-Modus".
Du läufst durch den Wald, siehst ein nettes Motiv und nimmst es auf.
Und da liegt bereits das erste Problem... :icon_troest:
[SIZE="4]1.[/SIZE] Du brauchst den Blick dafür, ob etwas auf dem fertigen Bild
genauso wirkt, wie Du es gesehen hast.
Vor Ort fließen viele Eindrücke ins Sehen mit ein - die Hunde, die anderen Menschen,
Deine Laune, Geräusche, sogar der Geruch der Luft.
Das kannst Du natürlich nicht mit aufs Bild bringen,
und weil es dort fehlt, wird das Bild für andere Betrachter nichtssagend.
Ein typisches Beispiel ist das Bild mit den Hunden.
Für Dich war das ein lustiger Moment, Deine beiden Lieblinge spielen miteinander, toben und kläffen...
ein paar Meter weiter laufen Freunde oder Bekannte von Dir, vielleicht Deine Familie...
Wir dagegen sehen nur zwei haarige Vierbeiner, von denen wir noch nicht einmal die Köpfe erkennen können,
sowie fremde Menschen von hinten. Das sagt uns absolut nichts.
Während Du dabei warst, mitten im Geschehen, können wir als Außenstehende damit nichts anfangen.
[SIZE="4]2.[/SIZE] Ein Bild möchte arrangiert werden.
Das heißt nicht, dass Du nun die einzelnen Laubblätter drapieren sollst.
Du kannst ein Bild aus den dollsten Positionen, Blickwinkeln, Perspektiven usw. schießen,
und jedes Mal wird es eine andere Stimmung vermitteln.
Nehmen wir die Bilder 3, 4 und 5. Waldboden, kahle Bäume, im Hintergrund ein See.
Aus diesen Zutaten kann man prima Fotos kochen, aber dazu muss man sie anrichten.
Bei Dir sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Den See auch kaum noch.
Gehe dichter ans Wasser ran, bis nur noch ein Baumstamm und ein paar Äste von der Seite
bzw. von oben ins Bild ragen! Der See wird größer, der Wald reduziert sich und wird zum ausschmückenden Beiwerk.
Auf Deinen Bildern stehen beide, See und Wald, gelangweilt in der Gegend herum und tun sich gegenseitig nicht weh.
Der Betrachter möchte aber ein Hauptmotiv erkennen, dazu noch ein wenig Dekoration.
Nichts Schlimmeres, als wenn niemand weiß, was das Motiv und was die Kulisse sein soll.
[SIZE="4]3.[/SIZE] Such Dir einen Hingucker!
Bild Nr. 1, da liegt ein Baum im Wald. Na und??
Das hat jeder schon gesehen, da ist nichts Tolles dran.
Aber man kann etwas Tolles draus machen!
Irgendwo an dem Baum steht vielleicht ein frecher kleiner Ast vor.
Den im Vordergrund, kann man den Baum in seiner ganzen Länge flachgestreckt ablichten.
Oder man nimmt die Bruchstelle als Hauptmotiv und fotografiert von ihr ausgehend den Baum in Längsrichtung.
Nirgendwo steht geschrieben, dass ein Objekt immer komplett auf dem Bild sein muss.
Viele Dinge haben interessante Details, die man als Aufhänger nehmen kann und die kaum jemand bewusst wahrnimmt.
Zeigst Du solche Details auf dem Bild als Hingucker und machst das restliche Objekt zum Beiwerk,
kann aus alltäglichen Dingen etwas Beeindruckendes werden.
[SIZE="4]4.[/SIZE] Bewege Dich!
Automatisch fotografierst Du so, wie Du die Welt siehst: im Stehen.
Aber diesen Blickwinkel kennen wir alle schon zur Genüge.
Eine Grundregel der Kinderfotografie lautet: runter mit dem Fotografen!
Das Leben auf einem Foto spielt sich (fast) immer auf derselben Ebene ab wie für das Motiv.
Ob das eine Blume im Beet ist, ein kleines Tier, eine zerdrückte Cola-Dose auf der Straße: gehe auf „Augenhöhe“.
Wir können aber nicht nur hoch und runter! Wir können nach links, nach rechts, vor und zurück
und einmal ums ganze Motiv herum. Aus jeder Position kann das Bild wieder ganz anders wirken.
Wenn Du eine Topfpflanze auf dem Tisch fotografieren willst, wirst Du sie hin und her drehen,
bis Du ihre Schokoladenseite gefunden hast. Die Natur kannst Du nicht drehen, da musst Du Dich selber bewegen.
[SIZE="4]5. [/SIZE]Ein bisschen Bearbeitung.
Gerade bei solchen Alltagsmotiven wirkt eine Grundbearbeitung oft Wunder.
Wenn Du die Queen beim Nasepopeln erwischst (sorry an alle Royalisten...!),
werden sie Dir das Foto für Millionen aus der Hand reißen, egal ob scharf, farbenfroh, kontrastreich oder nicht.
Ein Wald mit See muss ein bisschen was „hermachen“, damit man sich für ihn interessiert.
Denk’ dran: das Frühlingswetter, das Du auf Deinem Spaziergang so genossen hast,
das hast nur Du live erlebt, wir waren nicht dabei.
So, ich habe Dich hoffentlich nicht all zu sehr erschüttert – die Tipps sollen Dir ja nur weiterhelfen. ;-)
Bei Gelegenheit werde ich mal etwas Ausführliches zur Bildgestaltung schreiben –
aber gebt mir bitte etwas Zeit, daran hapert es im Moment ein bisschen.
Gruß,
Hans
jetzt habe ich mich erstmal hingesetzt, in die Luft geguckt
und mir überlegt, wie ich anfangen könnte.
Denn zu Deinen Bildern gibt es einiges zu sagen. ;-)
Verstehe bitte alles als gut gemeinte Kritik und in keiner Weise abwertend, ok?
Du fotografierst, unabhängig vom Kameraprogramm, grundsätzlich im "Schnappschuss-Modus".
Du läufst durch den Wald, siehst ein nettes Motiv und nimmst es auf.
Und da liegt bereits das erste Problem... :icon_troest:
[SIZE="4]1.[/SIZE] Du brauchst den Blick dafür, ob etwas auf dem fertigen Bild
genauso wirkt, wie Du es gesehen hast.
Vor Ort fließen viele Eindrücke ins Sehen mit ein - die Hunde, die anderen Menschen,
Deine Laune, Geräusche, sogar der Geruch der Luft.
Das kannst Du natürlich nicht mit aufs Bild bringen,
und weil es dort fehlt, wird das Bild für andere Betrachter nichtssagend.
Ein typisches Beispiel ist das Bild mit den Hunden.
Für Dich war das ein lustiger Moment, Deine beiden Lieblinge spielen miteinander, toben und kläffen...
ein paar Meter weiter laufen Freunde oder Bekannte von Dir, vielleicht Deine Familie...
Wir dagegen sehen nur zwei haarige Vierbeiner, von denen wir noch nicht einmal die Köpfe erkennen können,
sowie fremde Menschen von hinten. Das sagt uns absolut nichts.
Während Du dabei warst, mitten im Geschehen, können wir als Außenstehende damit nichts anfangen.
[SIZE="4]2.[/SIZE] Ein Bild möchte arrangiert werden.
Das heißt nicht, dass Du nun die einzelnen Laubblätter drapieren sollst.
Du kannst ein Bild aus den dollsten Positionen, Blickwinkeln, Perspektiven usw. schießen,
und jedes Mal wird es eine andere Stimmung vermitteln.
Nehmen wir die Bilder 3, 4 und 5. Waldboden, kahle Bäume, im Hintergrund ein See.
Aus diesen Zutaten kann man prima Fotos kochen, aber dazu muss man sie anrichten.
Bei Dir sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Den See auch kaum noch.
Gehe dichter ans Wasser ran, bis nur noch ein Baumstamm und ein paar Äste von der Seite
bzw. von oben ins Bild ragen! Der See wird größer, der Wald reduziert sich und wird zum ausschmückenden Beiwerk.
Auf Deinen Bildern stehen beide, See und Wald, gelangweilt in der Gegend herum und tun sich gegenseitig nicht weh.
Der Betrachter möchte aber ein Hauptmotiv erkennen, dazu noch ein wenig Dekoration.
Nichts Schlimmeres, als wenn niemand weiß, was das Motiv und was die Kulisse sein soll.
[SIZE="4]3.[/SIZE] Such Dir einen Hingucker!
Bild Nr. 1, da liegt ein Baum im Wald. Na und??
Das hat jeder schon gesehen, da ist nichts Tolles dran.
Aber man kann etwas Tolles draus machen!
Irgendwo an dem Baum steht vielleicht ein frecher kleiner Ast vor.
Den im Vordergrund, kann man den Baum in seiner ganzen Länge flachgestreckt ablichten.
Oder man nimmt die Bruchstelle als Hauptmotiv und fotografiert von ihr ausgehend den Baum in Längsrichtung.
Nirgendwo steht geschrieben, dass ein Objekt immer komplett auf dem Bild sein muss.
Viele Dinge haben interessante Details, die man als Aufhänger nehmen kann und die kaum jemand bewusst wahrnimmt.
Zeigst Du solche Details auf dem Bild als Hingucker und machst das restliche Objekt zum Beiwerk,
kann aus alltäglichen Dingen etwas Beeindruckendes werden.
[SIZE="4]4.[/SIZE] Bewege Dich!
Automatisch fotografierst Du so, wie Du die Welt siehst: im Stehen.
Aber diesen Blickwinkel kennen wir alle schon zur Genüge.
Eine Grundregel der Kinderfotografie lautet: runter mit dem Fotografen!
Das Leben auf einem Foto spielt sich (fast) immer auf derselben Ebene ab wie für das Motiv.
Ob das eine Blume im Beet ist, ein kleines Tier, eine zerdrückte Cola-Dose auf der Straße: gehe auf „Augenhöhe“.
Wir können aber nicht nur hoch und runter! Wir können nach links, nach rechts, vor und zurück
und einmal ums ganze Motiv herum. Aus jeder Position kann das Bild wieder ganz anders wirken.
Wenn Du eine Topfpflanze auf dem Tisch fotografieren willst, wirst Du sie hin und her drehen,
bis Du ihre Schokoladenseite gefunden hast. Die Natur kannst Du nicht drehen, da musst Du Dich selber bewegen.
[SIZE="4]5. [/SIZE]Ein bisschen Bearbeitung.
Gerade bei solchen Alltagsmotiven wirkt eine Grundbearbeitung oft Wunder.
Wenn Du die Queen beim Nasepopeln erwischst (sorry an alle Royalisten...!),
werden sie Dir das Foto für Millionen aus der Hand reißen, egal ob scharf, farbenfroh, kontrastreich oder nicht.
Ein Wald mit See muss ein bisschen was „hermachen“, damit man sich für ihn interessiert.
Denk’ dran: das Frühlingswetter, das Du auf Deinem Spaziergang so genossen hast,
das hast nur Du live erlebt, wir waren nicht dabei.
So, ich habe Dich hoffentlich nicht all zu sehr erschüttert – die Tipps sollen Dir ja nur weiterhelfen. ;-)
Bei Gelegenheit werde ich mal etwas Ausführliches zur Bildgestaltung schreiben –
aber gebt mir bitte etwas Zeit, daran hapert es im Moment ein bisschen.
Gruß,
Hans