Schnauze voll

[hsk]

Verstehst Du mich gerade falsch?

Hab' ich wohl, sorry.

Dass ich dem Verbraucher angesichts seines "Nur-Wegsehens" dennoch eine Mitschuld gebe,
liegt an der Verlogenheit, die diese bequeme Einstellung mit sich bringt.

"Was ich nicht sehe, geht mich nichts an!"

Der Überfall in der U-Bahn,
der unsichere Opa am Zebrastreifen,
das Rausgeld, das mir die Kassiererin zu viel gibt.

Weggucken, nix wissen, Gas geben -
nur schnell weg und flott weiter, mein Name ist Hase!

So lange man sein Schnitzel am Teller hat (das auf der Verpackung glücklich quieckt) und das Dschungelcamp in der Glotze läuft, ist doch alles in Ordnung.

Das Bild hat was

Dass sich viele das nicht mehr leisten können, gleich, ob es um Fleisch oder andere Nahrungsmittel oder Kleidung geht, ist leider auch wahr.

Das will ich gar nicht abstreiten,
und ich finde es beschämend für eine Gesellschaft,
wenn gesunde Ernährung zu einer Finanzfrage wird!

Wie einfach es sich viele (eigentlich die meisten) Leute
beim Einkauf machen, ist aber schon sagenhaft.

Man stelle sich an eine Supermarktkasse und kiebitze jungen Müttern in den Wagen!
Es ist schön, dass Herr Hipp z.B. mit seinem Namen für eine heile Welt stehen will.
Allerdings war sich meine Mutter nicht zu schade, Obst und Gemüse selber zu pürrieren,
und obwohl damals mit Sicherheit nicht weniger gespritzt
aber weniger darüber gejammert wurde, bin ich groß und stark geworden.

Den zeitlichen Mehraufwand für selbst zubereitete Kindernahrung
hat meine Mutter übrigens locker wieder reingeholt:
sie verzichtete auf Selbstfindungsgruppe und gewaltfreies Töpfern in der Toscana...

Manchmal staunt man, wie wenig Geschmack fürs Echte, fürs Selbstgekochte, für echten Fleischgeschmack dauerhaft an Fast- und Conveniance-Food gewöhnte Gaumen noch haben.

Mich wundert das gar nicht.

Ich erinnere mich heute noch an die ersten Mahlzeiten im Haus meiner heutigen Schwiegereltern.
Als Langzeit-Junggeselle und Erst-Ehen-Geschädigter explodierte mir der Gaumen,
als er plötzlich mit Salaten, Obst und Gemüse aus Schwiegerpapas Schrebergarten in Berührung kam!

Und heute noch ist es ein Erlebnis, einer Haxe
oder einem Schnitzel unseres Hofmetzgers beim Brutzeln zuzschauen.
Und erstaunlicherweise ist das Teil hinterher immer noch genauso groß
und die Pfanne voll mit leckerem Fleisch und nicht voll mit Wasser.

Lustig wird es, wenn neue Feriengäste auf den Hof unserer Freunde im Bayerwald kommen.
Da kann es passieren, dass sie morgens um fünf mit der Tasse in der Hand im Stall stehen,
um frische Milch direkt aus der Kuh gezapft zu bekommen!
Oder sie fragen, ob in den Nudeln und im Kuchen am Ende etwa Safran ist,
weil sie nicht glauben wollen, dass anständige Eier soooo einen gelben Teig machen...

Teure Lebensmittel schützen nicht vor schlechter Qualität.

Das ist leider wahr.
Und es gibt genug Beispiele für preiswerte Produkte,
die eine ähnliche oder gar bessere Qualität bieten als Hochpreisige.

Um so wichtiger finde ich es, dass sich der Verbraucher Gedanken macht,
bewusst einkauft und nicht nur nach einem einzigen Kriterium schielt.

Gerade bei offenen Lebensmitteln ist der Preis ein wichtiger
wenn auch nicht der einzige Indikator.
Und es kann mir keiner sagen, dass er z.B. nicht in zumutbarer Entfernung
einen Hofladen finden würde, wo er zu günstigen Direktverkaufspreisen
vertrauenswürdige Waren bekäme.

Gruß,
Hans