12.04.2009, 00:01
ABITURSCHERZ MIT MAOAM
Tutti Frutti in Sankt Blasien
Von Thomas Hillenbrand
Seit 2002 ziert ein Früchtchen liebkosendes Comic-Männchen die Verpackungen des Kaubonbons Maoam. Anstößig fand das niemand - bis auf drei Schüler des Jesuitenkollegs zu St. Blasien. Sie nannten das neue Design pornografisch. Und erhielten auf ihren Abi-Scherz prompt eine Antwort des Süßwarenherstellers Haribo.
Bernd Bornhauser, Florian Baubin und Christian Staudt zeigten sich entsetzt ob der pornographischen Darstellungen, denen ihre angeblichen Zöglinge schutzlos ausgesetzt waren. Auf den Päckchen der Kaubonbon-Marke Maoam meinten sie besonders schamlose Darstellungen der Fleischeslust erkannt zu haben.
SPIEGEL ONLINE
Maoam-Motive: "Polyamoröse Praktiken"
Der Zorn des "Katholischen Kinder- und Jugendrats am Jesuitenkolleg zu St. Blasien" galt einem kleinen grünen Männchen, das seit Anfang des Jahres 2002 die Verpackungen der beliebten Süßigkeit ziert. Je nach Geschmacksrichtung der vom Haribo-Konzern hergestellten Plombenzieher zeigen die Päckchen den grünen Knirps gemeinsam mit Zitrone oder Erdbeere. Es sieht so aus, als ob Früchtchen und Männchen tanzen. Oder kuscheln. Oder etwas nicht ganz Jugendfreies tun.
Die Mehrheit von Haribos Kundschaft nahm die Design-Neuerung gelassen zur Kenntnis und kaute stoisch weiter. Der Kinder- und Jugendrat aus dem Kolleg im Schwarzwald hingegen wollte die mutmaßliche Sauerei nicht auf sich beruhen lassen. Und beschwerte sich bei Haribo schriftlich über die "schamlose Darstellung von sexuellen Praktiken auf der Verpackung dieser Süßware". Klar erkennbar würden auf den Maoam-Päckchen "unter anderem der Coitus, außerdem Fellatio und Cunnilingus und zu allem Überfluss auch polyamoröse Praktiken angedeutet". Vollzogen würden diese "zwischen einer obskuren grünen Figur", die "ihre Libido durch einen starken Speichelfluss zeigt", und "diversen Früchten".
"Grüne Gestalt vollzieht Beischlaf an einer Zitrone"
Der Brief der angeblich "schockierten" Katholiken war ein Abi-Scherz, der schließlich im Jahrbuch der Abiturienten landete. Aber weil das Schreiben so authentisch empört formuliert war, konnte der Süßwarenhersteller Haribo davon nichts ahnen. Und so habe der vom 29. März 2004 datierte Brief, der nebst Antwort des Kundenservice im Internet kursiert, in der Firmenzentrale eine gewisse Verwunderung ausgelöst, bestätigte Haribo-Sprecher Marco Alfter zunächst. Man könne an den lustigen Comicfiguren nichts Anzügliches erkennen. "Wir haben zahlreiche E-Mails von Kunden bekommen, die sehen das wie wir", so Alfter. Er frage sich, "wie gerade Menschen aus einem katholischen Jesuitenkolleg auf diese Idee kommen".
Maoam-Seite: "Vergnügen bei der Penetration"?
In Wirklichkeit waren Bernd Bornhauser, Florian Baubin und Christian Staudt, die den Konzern mit dem täuschend echten Brief foppten, Schüler des Kollegs und haben inzwischen das Abitur in der Tasche. Beim klassischen Abi-Gag geht es Schülern mehr darum, einmal die Schule auf den Kopf zu stellen und den Lehrern für einen Tag einzuheizen. Das Trio von St. Blasien setzte sich ein anderes Ziel: Es wollte einfach nur "testen, ob wir Haribo zu einer Reaktion veranlassen können", so Bornhauser, Ex-Redakteur der Schülerzeitung "Schüler Journal" und Chefredakteur des Abiturbuchs, gegenüber SPIEGEL ONLINE.
Und so setzten die Abiturienten der Firma hart zu: "Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass es sich bei diesen Beobachtungen mitnichten um unsere rein persönlichen Projektionen handelt", heißt es im Brief. "Besonders herauszustellen ist hier die Zeichnung auf der gelben Maoam-Packung, bei der die besagte grüne Gestalt den Beischlaf an einer Zitrone vollzieht, unzweideutig angezeigt durch die Bewegungslinien. Die Zitrone, die weibliche Gesichtszüge aufweist, empfindet offenbar äußerstes Vergnügen bei der Penetration." Zudem bediene Haribo Frauen verachtende Klischees und arbeite mit der "chauvinistischen Wunschvorstellung, dass Frauen 'geile Früchtchen' seien, die sich hemmungslos dem Paarungswilligen hingeben".
Flotte Reaktion mit Bärchen als Dankeschön
Die Haribo-Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Am 14. April konterte der Verbraucherservice der Firma in einem Schreiben an das Schwarzwald-Kolleg, im Vorfeld hätten Marktforscher die Verpackung getestet. Sicher sei das neue Maoam-Layout "sehr gewagt", aber keine der Testpersonen habe "die von Ihnen angebrachten Beobachtungen" genannt. Und so war Haribo nicht bereit, dass Maskottchen abermals umzugestalten, schickte aber "als kleines Dankeschön für Ihre positive Kritik eine süße Überraschung".
So toll sei das Päckchen nicht, "nur eine Tüte Gummibärchen", sagt Bernd Bornhauser. Aber er ist verblüfft, dass die Firma auf den Brief überhaupt und zudem so rasch reagierte. Und dass die seltsame Episode seitdem im Internet ihre Runde macht: In etlichen Foren stieß der Abi-Scherz aus St. Blasien auf ein großes Echo. Seit der Brief öffentlich sei, könne sich die Schule vor Anfragen kaum retten, beschreibt Schulleiter Ralph Mertens den Medienrummel. Das katholische Internat gerate dadurch in ein falsches Licht, kommentiert er den Abiturienten-Gag leicht säuerlich.
Die Verbreitung im Web hat auch dazu geführt, dass Haribo vom Ansturm mit Mails und Briefen "total überrascht wurde", so Sprecher Marco Alfter: "Wir bekommen sogar Reaktionen aus Japan und den USA", die Mehrzahl sei positiv.
Guten Appetit wünscht Helmburg
Tutti Frutti in Sankt Blasien
Von Thomas Hillenbrand
Seit 2002 ziert ein Früchtchen liebkosendes Comic-Männchen die Verpackungen des Kaubonbons Maoam. Anstößig fand das niemand - bis auf drei Schüler des Jesuitenkollegs zu St. Blasien. Sie nannten das neue Design pornografisch. Und erhielten auf ihren Abi-Scherz prompt eine Antwort des Süßwarenherstellers Haribo.
Bernd Bornhauser, Florian Baubin und Christian Staudt zeigten sich entsetzt ob der pornographischen Darstellungen, denen ihre angeblichen Zöglinge schutzlos ausgesetzt waren. Auf den Päckchen der Kaubonbon-Marke Maoam meinten sie besonders schamlose Darstellungen der Fleischeslust erkannt zu haben.
SPIEGEL ONLINE
Maoam-Motive: "Polyamoröse Praktiken"
Der Zorn des "Katholischen Kinder- und Jugendrats am Jesuitenkolleg zu St. Blasien" galt einem kleinen grünen Männchen, das seit Anfang des Jahres 2002 die Verpackungen der beliebten Süßigkeit ziert. Je nach Geschmacksrichtung der vom Haribo-Konzern hergestellten Plombenzieher zeigen die Päckchen den grünen Knirps gemeinsam mit Zitrone oder Erdbeere. Es sieht so aus, als ob Früchtchen und Männchen tanzen. Oder kuscheln. Oder etwas nicht ganz Jugendfreies tun.
Die Mehrheit von Haribos Kundschaft nahm die Design-Neuerung gelassen zur Kenntnis und kaute stoisch weiter. Der Kinder- und Jugendrat aus dem Kolleg im Schwarzwald hingegen wollte die mutmaßliche Sauerei nicht auf sich beruhen lassen. Und beschwerte sich bei Haribo schriftlich über die "schamlose Darstellung von sexuellen Praktiken auf der Verpackung dieser Süßware". Klar erkennbar würden auf den Maoam-Päckchen "unter anderem der Coitus, außerdem Fellatio und Cunnilingus und zu allem Überfluss auch polyamoröse Praktiken angedeutet". Vollzogen würden diese "zwischen einer obskuren grünen Figur", die "ihre Libido durch einen starken Speichelfluss zeigt", und "diversen Früchten".
"Grüne Gestalt vollzieht Beischlaf an einer Zitrone"
Der Brief der angeblich "schockierten" Katholiken war ein Abi-Scherz, der schließlich im Jahrbuch der Abiturienten landete. Aber weil das Schreiben so authentisch empört formuliert war, konnte der Süßwarenhersteller Haribo davon nichts ahnen. Und so habe der vom 29. März 2004 datierte Brief, der nebst Antwort des Kundenservice im Internet kursiert, in der Firmenzentrale eine gewisse Verwunderung ausgelöst, bestätigte Haribo-Sprecher Marco Alfter zunächst. Man könne an den lustigen Comicfiguren nichts Anzügliches erkennen. "Wir haben zahlreiche E-Mails von Kunden bekommen, die sehen das wie wir", so Alfter. Er frage sich, "wie gerade Menschen aus einem katholischen Jesuitenkolleg auf diese Idee kommen".
Maoam-Seite: "Vergnügen bei der Penetration"?
In Wirklichkeit waren Bernd Bornhauser, Florian Baubin und Christian Staudt, die den Konzern mit dem täuschend echten Brief foppten, Schüler des Kollegs und haben inzwischen das Abitur in der Tasche. Beim klassischen Abi-Gag geht es Schülern mehr darum, einmal die Schule auf den Kopf zu stellen und den Lehrern für einen Tag einzuheizen. Das Trio von St. Blasien setzte sich ein anderes Ziel: Es wollte einfach nur "testen, ob wir Haribo zu einer Reaktion veranlassen können", so Bornhauser, Ex-Redakteur der Schülerzeitung "Schüler Journal" und Chefredakteur des Abiturbuchs, gegenüber SPIEGEL ONLINE.
Und so setzten die Abiturienten der Firma hart zu: "Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass es sich bei diesen Beobachtungen mitnichten um unsere rein persönlichen Projektionen handelt", heißt es im Brief. "Besonders herauszustellen ist hier die Zeichnung auf der gelben Maoam-Packung, bei der die besagte grüne Gestalt den Beischlaf an einer Zitrone vollzieht, unzweideutig angezeigt durch die Bewegungslinien. Die Zitrone, die weibliche Gesichtszüge aufweist, empfindet offenbar äußerstes Vergnügen bei der Penetration." Zudem bediene Haribo Frauen verachtende Klischees und arbeite mit der "chauvinistischen Wunschvorstellung, dass Frauen 'geile Früchtchen' seien, die sich hemmungslos dem Paarungswilligen hingeben".
Flotte Reaktion mit Bärchen als Dankeschön
Die Haribo-Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Am 14. April konterte der Verbraucherservice der Firma in einem Schreiben an das Schwarzwald-Kolleg, im Vorfeld hätten Marktforscher die Verpackung getestet. Sicher sei das neue Maoam-Layout "sehr gewagt", aber keine der Testpersonen habe "die von Ihnen angebrachten Beobachtungen" genannt. Und so war Haribo nicht bereit, dass Maskottchen abermals umzugestalten, schickte aber "als kleines Dankeschön für Ihre positive Kritik eine süße Überraschung".
So toll sei das Päckchen nicht, "nur eine Tüte Gummibärchen", sagt Bernd Bornhauser. Aber er ist verblüfft, dass die Firma auf den Brief überhaupt und zudem so rasch reagierte. Und dass die seltsame Episode seitdem im Internet ihre Runde macht: In etlichen Foren stieß der Abi-Scherz aus St. Blasien auf ein großes Echo. Seit der Brief öffentlich sei, könne sich die Schule vor Anfragen kaum retten, beschreibt Schulleiter Ralph Mertens den Medienrummel. Das katholische Internat gerate dadurch in ein falsches Licht, kommentiert er den Abiturienten-Gag leicht säuerlich.
Die Verbreitung im Web hat auch dazu geführt, dass Haribo vom Ansturm mit Mails und Briefen "total überrascht wurde", so Sprecher Marco Alfter: "Wir bekommen sogar Reaktionen aus Japan und den USA", die Mehrzahl sei positiv.
Guten Appetit wünscht Helmburg