30.11.2008, 08:52
[SIZE="6]12. Zuschnitt und Detailaufnahmen[/SIZE]
[SIZE="4]Schere contra Fleisch[/SIZE]
[SIZE="4]Schere contra Fleisch[/SIZE]
Was eine Schere ist, wissen kleine und große Kinder
spätestens seit den Geschichten aus dem Struwwelpeter.
Damit macht man Langes kurz, Breites schmal
und schnibbelt Überflüssiges weg.
Für weitere Infos zum Thema Fleisch wendet man sich
an einen Spezialisten, der sich damit auskennt -
also an einen Viehzüchter, den Metzger seines Vertrauens
oder an einen... Fotografen!
Wenn ein Fotograf seinem Foto "Fleisch" gibt,
dann meint er damit, dass das Hauptmotiv einen Freiraum hat.
Er lässt ausreichend Platz zu den Bildrändern,
damit das Motiv leben und sich entfalten kann.
0310
:?: .Warum dann nicht gleich in die Mitte?
.....Dann hätte das Motiv doch den meisten Platz zu ALLEN Rändern...
Die Antwort gibt das rechte Beispiel - Stichwort "Goldener Schnitt". ;-)
:?: .Und wenn der Goldene Schnitt so toll ist,
.....wieso dann das Motiv überhaupt beschneiden?
Weil der GS zwar ein wünschenswerter Standard ist,
manche Motive aber sehr gerne beschnitten werden wollen,
um ein wenig Abwechslung in die Fotografie zu bringen.
.Ob Du dem Foto Fleisch gibst oder zur Schere greifst,
.....hängt also vom Einzelfall ab.
Ersteres haben wir schon im Kapitel 2 (Einführung und Praxis) besprochen.
Der Goldene Schnitt sorgt für die richtige Portion Fleisch an den richtigen Stellen.
Um Letzteres geht es heute - wir greifen zur Schere...
Klären wir zunächst ein paar Begriffe, die uns hier begegnen...
Natürlich kann man jedes Ergebnis des Beschneidens einen "Ausschnitt" nennen.
Weil es aber einen Unterschied macht, wie und was man beschneidet,
lohnt es sich, die Begriffe ein bisschen genauer zu definieren:
Ausschnitt...........Teil des Bildes, in dem sich das Wesentliche konzentriert.
Zuschnitt.............Mit dem Bild werden auch Teile des Hauptmotivs beschnitten.
Detail..................Das Bild wird auf einen kleinen Teil des Hauptmotivs reduziert.
Die Grenzen sind manchmal fließend,
d.h. es lässt sich nicht immer eindeutig bestimmen,
welche Art des Beschneidens optimal wäre bzw. angewandt wurde.
.Du solltest aber zumindest eine vage Idee haben,
.....was Dein Bild später sagen soll.
Nur dann kannst Du entscheiden, wie Du es beschneidest -
und zwar SINNVOLL beschneidest!
"Quark... schneiden kann ich im PI auch noch,
und wenn's mir nicht gefällt, klick' ich auf "Rückgängig..."
.So nicht!!!
In der EBV kannst Du ein bisschen rumschnippseln,
aber Ausschnitt oder Detailaufnahme sind meistens no go!
Warum, das hebe ich mir zusammen mit dem Beweis für später auf.
Schließlich brauche ich ja auch noch ein markiges Schlusswort...
Jetzt aber an die Arbeit, zuerst zum Stichwort [SIZE="4]Ausschnitt[/SIZE].
Wir nehmen ein Foto und stellen fest,
dass es allein mit einem hübschen Motiv nicht überzeugen kann.
Du wolltest nämlich vor allem die Laterne
zusammen mit dem Kuppelturm in der Mitte abbilden,
aber beide gehen in dem Riesenbild (1) völlig unter.
0312
Also wählst Du einen Ausschnitt (2) dessen, was Du live siehst.
Damit das Bild weiterhin natürlich bleibt, nimmst Du kein Teleobjektiv,
sondern marschierst einfach ein paar Schritte weiter ans Motiv ran.
So ganz gefällt Dir das noch nicht, das schaut zu "normal" aus.
Jetzt greifst Du doch zum Objektiv und zoomst das heran,
was Dich wirklich interessiert (3).
.Der Mini-Ausschnitt aus dem ersten Bild bringt nun endlich
.....genau die antiquierte Stimmung rüber, die Du Dir vorgestellt hast.
.....Alles außenrum ist überflüssig und wird nicht großartig vermisst.
Ähnlich bei dem nächsten Gebäude,
nur dass die Entfernungen diesmal etwas geringer sind:
0314
In der Gesamtansicht befinden sich jede Menge störender Elemente.
Weil aber nirgendwo ein Fleckchen zu finden war,
von dem aus das alte Stadtpalais vorteilhaft zu foten gewesen wäre,
habe ich mich auf einen Ausschnitt konzentriert, der mir reizvoll erschien.
Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach...
Manchmal gehören auch ein gutes Auge und eine Portion Mut dazu,
den Ausschnitt überhaupt zu erkennen und danach aus dem Motiv herauszulösen...
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"So ein schönes, über und über bewachsenes Haus..."
Klar - nur dass dieser Eindruck im Ausschnitt
ohne den Bildrest noch viel besser rüberkommt!
Auch das folgende Beispiel zielt auf diesen Effekt ab:
0316
Der Plattenbau komplett macht nicht viel her,
seine beiden Ausschnitte dagegen vermitteln das gewollte Bild
von Tristesse, Hoffnungslosigkeit und Armut. *
[SIZE="1]* Zum besseren Verständnis: damit möchte ich niemandem nahe treten,
...der vielleicht in einem ähnlichen Umfeld wohnt und sich wohl fühlt oder auch nicht!
...Es geht ausschließlich um die symbolhafte Darstellung möglicher Assoziationen.[/SIZE]
Sehr beliebt sind Ausschnitte einer Szene bei der Darstellung von Dächern.
Du stehst irgendwo an einem erhöhten Punkt und schaust über die Stadt.
0317
Erst wenn Du Umgebung, Himmel und alles andere ausblendest,
stapeln sich die Dachschrägen zu einer eindrucksvollen Perspektive.
Bei diesem Pärchen...
0313
... fragst Du Dich vielleicht, wo da der Ausschnitt sein soll.
Die Situation war die:
Oldtimer-Treffen auf dem Bruchsaler Schlossplatz.
Nach und nach rollen die schmucken alten Karossen heran,
und Du entdeckst dieses grüne Vehikel mit dem Pärchen,
das sich so stilvoll in der Zeit ausstaffiert hat, der auch das Auto entstammt.
:?: .Kribbelt es da nicht automatisch im Auslösefinger,
.....die Insassen und das Auto in voller Größe aufs Bild zu bekommen?
:!: .Schon, nur hast Du dann viele Leute im Foto, die da nichts zu suchen haben,
.....und das Paar wird im Größenverhältnis reduziert und geht verloren.
Also machst Du das einzig Wahre und wählst gleich einen kleineren Ausschnitt.
Ätsch, ertappt - also doch ein Ausschnitt! :tease:
... und ich behaupte weiterhin,
dass das per EBV eben NICHT so richtig klappt - wait & see!
Wenden wir uns in der Zwischenzeit
einer anderen Beschnittmethode zu: dem [SIZE="4]Zuschnitt[/SIZE]...
.Im Gegensatz zum Ausschnitt rücken wir
.....beim Zuschnitt dem Hauptmotiv zu Leibe.
Ziel ist, was sich im ersten Moment völlig unlogisch anhört:
das Motiv betonen und lebendiger erscheinen lassen,
indem wir ein Stückchen von ihm wegschneiden.
Schau mer mal, wie das funktionieren soll…
.