Bildaufbau und -gestaltung, 13. Bewegung im Bild
#1
[SIZE="6]13. Bewegung im Bild[/SIZE]

[SIZE="4]... und ab geht die Post![/SIZE]



Damit sie das tut, bietet uns PI z.B. die Bewegungsunschärfe an.
Freddy Flott demonstriert es hier live:

0333
[Bild: 3103741787_258727ebec.jpg?v=0]

Durch die Verwischungen im rechten Bild
entsteht der Eindruck einer schnellen Bewegung.

:!: .Mit der Kamera (und darum geht es uns hier)
.....kannst Du einen solchen Effekt nicht erzielen!

Dazu und zu weiteren Aspekten der Bewegungsunschärfe später mehr...

[Bild: haken-0015.gif] Fürs Erste zeichnet sich schon mal ab:
....wenn in einem Bild Bewegung dargestellt wird,
....dann kann das - neben anderen Möglichkeiten -
....auch mit Schärfe und Unschärfe zu tun haben.




Arrow .[SIZE="4]Beginnen wir also mit dem Verwischen.[/SIZE]

Üblicherweise befindet sich ein Motiv vor irgend einem Hintergrund.
In der Kombination von scharf und unscharf ergeben sich somit [SIZE="4]4[/SIZE] Varianten:

[SIZE="4]1.[/SIZE] Motiv scharf - Hintergrund scharf
[SIZE="4]2.[/SIZE] Motiv unscharf - Hintergrund unscharf
[SIZE="4]3.[/SIZE] Motiv unscharf - Hintergrund scharf
[SIZE="4]4.[/SIZE] Motiv scharf - Hintergrund unscharf

Schauen wir uns im Einzelnen an, was diese Kombinationen taugen...

1. Motiv und Hintergrund sind beide scharf:

0332
[Bild: 3104716364_d2e192ce7b.jpg]

Von Bewegung keine Spur!

Klar weißt Du, dass diese Autos fahren,
die Schnellstraße ist schließlich nicht zum Parken da.
Auf dem Foto kommt jedoch nichts davon rüber.


2. Motiv und Hintergrund sind beide unscharf:

0334
[Bild: 3104716468_cbfe4baae6.jpg]

Was erst zu wenig, ist jetzt zu viel.

Nicht nur, dass hier gar kein richtiges Motiv mehr zu erkennen ist.
Vor lauter Wischbewegung geht auch die eindeutige Richtung verloren,
und es wäre doch schön, wenn man sehen könnte, WAS sich WOHIN bewegt.


3. Das unscharfe Motiv saust über einen scharfen Hintergrund:

0335
[Bild: 3183510739_0be70ec280.jpg]

Das schaut schon ganz ordentlich aus!

Die Betonung liegt auf dem scharfen Teil des Bildes,
gezeigt wird in erster Linie die Szene mit Landschaft, Schild und Blitzer.
Das Auto rast durchs Bild und stellt Bewegung dar,
ist aber für die Bildaussage eher nebensächlich.


4. Das scharfe Auto saust über einen unscharfen Hintergrund:

0336
[Bild: 3104716662_39b91d958d.jpg]

Hier haben wir die Königsklasse - das Mitziehen, auch "Panning" genannt!

Die Aufmerksamkeit gehört ganz dem scharf abgebildeten Auto als Hauptmotiv,
der Bewegungseindruck entsteht durch den vorüberziehenden, unwichtigen Hintergrund.

[Bild: haken-0015.gif]. Fazit: die Bewegung eines Objekts lässt sich darstellen,
.....indem man entweder das Objekt oder den Hintergrund verwischt.




So weit, so gut - mit dem unscharfen Auto vor scharfem Hintergrund kein Problem.
Du stellst die Kamera auf, eventuell mit Stativ, und wartest einfach ab.
Im richtigen Moment abgedrückt hast Du das vorbeifahrende Auto im Bild.

Panning, das Mitziehen der Kamera mit dem sich bewegenden Motiv,
ist jedoch viel eleganter und bringt die beeindruckenderen Ergebnisse.


Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz ohne... :?

Panningbilder gehören mit zum Schwierigsten in der Fotografie,
selbst Berufsfotografen rechnen mit bis zu 90% Tonnenquote.
Wenn Radrennfahrer bergab sausen oder Rallye-Piloten durch die Kurve driften,
dann soll gefälligst der Sportler scharf sein, nicht der Hintergrund!
Leider sind solche Momente nicht beliebig wiederholbar...

:?: .Was passiert eigentlich beim Panning?

Einfaches Beispiel: Du willst die Cam auf ein Auto mitziehen.
Das Auto kommt aus einer gewissen Entfernung, fährt an Dir vorbei
und verschwindet danach wieder in der Ferne.

Mit der Kamera begleitest Du das Auto ein Stück auf seinem Weg:
- in der Distanz, wenn es sich annähert,
- relativ nah, wenn es Dich passiert,
- wieder weiter weg, wenn es davonfährt.

0337
[Bild: 3104824650_5c35152891.jpg]

An jedem einzelnen Punkt dieses Weges ist die Entfernung
zwischen Deiner Cam und dem Auto eine Andere.

Arrow .Zum perfekten Scharfstellen müsste die Kamera folglich
.....während des Belichtungsvorgangs die Brennweite ständig ändern.


Das kann sie natürlich nicht... [Bild: e045.gif]

Der Idealfall wäre also, wenn das Auto auf einer Kreisbahn um Dich herum fährt,
denn da bleibt sein Abstand zur Kamera immer derselbe:

0338
[Bild: 3103993235_f2474788b0.jpg]

Den Gefallen wird es Dir kaum tun - und selbst wenn, hättest Du ein weiteres Problem:
Du kannst den Kameraschwenk nicht über eine längere Strecke
exakt der Bewegung des Autos folgen lassen.

Mal wirst Du schneller, mal langsamer, und auch das leichte Auf und Ab
bei Deiner Drehung führt zu Verwacklungen und Unschärfe beim Motiv.

Idea .Also muss der Schwenk so klein wie möglich gehalten werden.

Dadurch bleibt die Entfernung des Motivs nahezu gleich,
und die Verwacklungsgefahr sinkt ebenfalls.

Gleiche Ursache, nächstes Problem:
wie bekommt man so ein Foto hin?


0339
[Bild: 3107336832_0803eed755.jpg]

Antwort: allein mit der Kamera überhaupt nicht! :tease:
:?: .Warum?

Beim Panning bleibt der Verschluss relativ lange Zeit offen,
und in dieser Zeit wird fast schon ein kleiner Film gedreht.
Wenn Du sauber mitziehst, bleibt das Objekt dabei immer
an der gleichen Stelle im Bild, die Umgebung wird schön verwischt.

Aber das Objekt, in obigen Beispiel die Straßenbahn, kommt auf Dich zu,
und jeder weiß: Entferntes ist klein, Nahes ist groß!


Während der Belichtung wächst die Straßenbahn immer weiter,
und was dann auf dem Foto abgebildet wird, siehst Du hier:

0340
[Bild: 3104485973_48d0011a54.jpg?v=0]

Fünf Einzelbilder des sich nähernden Polizeiautos zeigen fünf Momentaufnahmen.
Über dieselbe Wegstrecke mitgezogen, pumpt sich der Wagen auf wie ein Luftballon...

Idea .Zweite Erkenntnis: beim Panning muss sich das Objekt
.....im möglichst rechten Winkel zur Fotografierrichtung bewegen,
.....damit es während der Belichtung gleich groß bleibt!


Aus dem gleichen Grund können gepannte Objekte auch nicht
in ihrer kompletten Länge scharf werden, wenn sie schräg auf Dich zukommen.

Nehmen wir an, Du willst einen Zug pannen.
Lok und Waggons sind gleich lang, sagen wir 20 Meter.
Du beginnst mit der Belichtung, sobald die Lok an Punkt 1 ist,
und ziehst mit, bis sie Punkt 5 erreicht hat.

0341
[Bild: 3107407752_4d4d8f0c02.jpg]

Alle gelben Abschnitte, welche die Lok und nach ihr jeder Waggon passiert,
sind logischerweise gleich lang und entsprechen einer Wagenlänge: 20 m.

Aber die Strecken A bis D, um die Du die Kamera schwenken musst,
um die einzelnen Abschnitte abzubilden, werden immer größer...

:!: .Das kann nicht zusammenpassen!

Folglich wird immer ein Teil des Zuges ebenfalls verwischt,
je nachdem, ob Du die Mitziehbewegung auf den Zuganfang oder sein Ende ausrichtest.

Idea .Dritte Weisheit: die Kamera kann nicht gleichzeitig
.....zwei verschiedene Geschwindigkeiten scharf abbilden!


Idea .Und die vierte gleich hinterher: das Gegenteil geht ebenso wenig.

Nämlich ein Objekt, das sich in Querrichtung vorbeibewegt,
an einer Stelle scharf und an anderer Stelle unscharf zu foten.

Deshalb kann auch das Sausebild von Freddy Flott
nur einer nachträglichen Trickserei am PC
oder der geschickten Feder eines Comiczeichners entspringen... MrGreen

0342
[Bild: 3107503170_8c66a5db29.jpg]

Mitziehen ist nichts anderes als eine Langzeitaufnahme des Objekts,
bei der das Objekt immer an der selben Stelle im Sucher bleibt -
wo soll denn da die Unschärfe durch Verwischen herkommen...?

.
Zitieren
#2
.

[Bild: haken-0015.gif] .Diesen ersten Teil nochmal im Schnelldurchlauf:

[SIZE="4]1.[/SIZE]. Bewegung durch Verwischen entsteht durch die Kombination von
.....Schärfe und Unschärfe bei Motiv und Hintergrund.

[SIZE="4]2.[/SIZE]. Die Betonung in der Bildaussage liegt auf dem scharfen Element.

[SIZE="4]3.[/SIZE]. Beim Mitziehen sollte sich das Objekt mit gleichbleibender Geschwindigkeit
.....und möglichst quer zur Fotografierrichtung bewegen.

[SIZE="4]4.[/SIZE]. Um ungewollte Unschärfen zu vermeiden,
.....sollte der Weg der schwenkenden Kamera möglichst gering sein
.....und die Belichtungszeit (bei Normalbrennweite) nicht länger als ca. 1/10 sec.

[SIZE="4]5.[/SIZE]. Damit der Hintergrund trotzdem effektvoll verwischt wird,
.....braucht das Objekt eine gewisse Mindestgeschwindigkeit.
.....Schnelle Radler und Autos sind ok - mit Schildkröten wird das nix...

Ach ja, eins noch: wenn hier von "Unschärfe" die Rede ist,
meine ich damit natürlich Bewegungs-Unschärfe!
Komm' also bloß nicht auf die Idee, von heute an alle Deine
verwackelten Schnappschüsse zu bewegten Bildern zu erklären... ;-)




So, das war schon ganz nett, aber längst noch nicht alles!
Was gibt es denn sonst noch an Möglichkeiten, Bewegung darzustellen? [Bild: a015.gif]

Ganz ohne Firlefanz und irgendwelchen Aufwand,
und dabei so simpel, dass man kaum draufkommt:

Arrow .[SIZE="4]Szenen, die die Bewegung bereits in sich tragen:[/SIZE]

Ich lasse mal ein paar Bilder sprechen:

0343
[Bild: 3110194668_11cbc39e88.jpg]

In C und D wirbeln bereits Keulen, Arme und Beine durcheinander,
da kann man sich die Bewegungen lebhaft vorstellen und braucht keine Verwischungen mehr.

...Im Gegenteil: bei längeren Verschlusszeiten würden auch andere Bildelemente unscharf -
...die Jongleure, die sich selbst bewegen, die Leute außenrum, die klatschenden Zuschauer.
...Das führt nur zu Unruhe und Verwirrung im Bild.


Foto A zeigt die Dynamik ebenfalls anhand der inhaltlichen Logik:
Zwei Porsche, die sich um die Rennstrecke jagen,
beide tauchen durch die Kurvenlage tief ins Fahrwerk ein.

...Den gleichen Effekt kennst Du von Rallyeautos, die auf einer Kuppe leicht abheben:
...kein Fahrzeug macht aus dem Stand einen Hopser in die Luft oder aus Lust und Laune
...einen eleganten Hofknicks - da muss also jede Menge Tempo drin sein!


Im Bild B ist das Ganze schon nicht mehr so klar ersichtlich,
und ein Mal mehr wird deutlich, dass "Bewegung" nicht zwangsläufig
etwas mit "Schnelligkeit" zu tun haben muss.

...Hier entsteht die Bewegung durch das Sammelsurium einzelner Elemente,
...die - jedes für sich - umher wuseln und gemeinsam ein buntes Durcheinander erzeugen.
...Die Bahnen kommen und fahren, Passanten laufen kreuz und quer,
...und mittendrin strampelt ein Radler im Slalom munter durchs Bild.

...[SIZE="1]Kleiner Tipp: mit großem Tele (ab 300mm KB) wird die Szene kompakter und "wuseliger"! [/SIZE];-)

:!: .Doch obacht!

Nicht alles, was sich bewegt, trägt automatisch
einen überzeugenden Eindruck von Bewegung in sich!

Diese holde Maid zum Beispiel, mein Model Kim...

0344
[Bild: 3109605855_c129481785_m.jpg]

... bewegt sich zweifellos - schließlich heißt es Rolltreppe und nicht Stehtreppe.

Aber was ist dran an dieser Bewegung - nix! [Bild: c090.gif]

Das ist viel zu dröge, da ist kein Pfeffer drin, da zappelt und wuselt nichts...


[Bild: haken-0015.gif] .Vielmehr brauchst Du:

[SIZE="4]-[/SIZE]. Menschen in ungewöhnlichen Körperhaltungen,
....die nur durch heftige Bewegung zustande kommen können,

[SIZE="4]-[/SIZE]. Autos, Fahrräder, Skateboards, Tiere u.a.,
....die sich in die Kurve legen, Luftsprünge machen
....oder sonstwas Irres anstellen,

[SIZE="4]-[/SIZE]. oder dichte Ansammlungen von bewegten Elementen,
....die allein schon durch ihren kompakten Auftritt
....das Bild von Betriebsamkeit und Durcheinander vermitteln.

Du musst einfach das Gefühl haben, dass da was "abgeht".

So gesehen wäre ein Schnappschuss bei ALDI,
wenn's vor Weihnachten Notebooks gibt, ein prima Motiv MrGreen

Auf Kims Rolltreppe ist höchstens dann was los,
wenn oben eine Tüte platzt und fünf Pfund
Südtiroler Qualitätsäpfel fröhlich auf Dich zupoltern...




Arrow .[SIZE="4]Nächster Akt: Bewegung mit Nebenwirkungen![/SIZE]

Du muss jetzt aber weder zum Arzt noch zum Apotheker rennen,
denn diese Nebenwirkungen sind erwünscht und absolut ungefährlich... ;-)

Gemeint ist damit eine Bewegung, die sich allein durch ihre Begleiterscheinungen zeigt.

Wenn zum Beispiel ein Jeep durch die Steppe brettert,
dann braucht man das Auto selbst gar nicht sehen -
schon die Staubwolke, die es hinter sich herzieht, verrät es.

Auch andere Bewegungen verursachen solche Effekte,
die man sofort mit ihrem Verursacher in Verbindung bringt:
- Hubschrauber drücken Gras und Büsche nieder
- Abfahrtsläufer wirbeln Schneefontänen auf
- Schiffe hinterlassen lange sichtbare Bugwellen u.v.m.

Zwei solche Beispiele haben wir hier:

0345
[Bild: 3116349146_fa43f39186.jpg]

Traktoren und Enten zählen ja nicht gerade zu den Schnellsten,
und Verwischungen (die hohes Tempo symbolisieren)
sähen bei den beiden eher unnatürlich aus.

Arrow .Da passt es ganz gut, dass das fliegende Gras des Mähwerks
.....und die Paddelwellen des schwimmenden Sonntagsbratens
.....nur ein sanftes, zum gemächlichen Tempo passendes Bewegungsgefühl vermitteln.

Auch im nächsten Bild zeigt sich die Dynamik nur in den Nebenwirkungen:

0347
[Bild: 3115436921_828c1e7dfe.jpg?v=0]

Ein kräftiges "Pflatsch" - und die Aufnahme ist im Kasten MrGreen

Bei einer Belichtung von 1/1250 sec. bleibt keine Zeit fürs Wischen
[SIZE="1](naja - außer hinterher die Sauerei auf dem Tisch...)[/SIZE],
und das Wasserglas kann auch schlecht eine Bewegung in sich tragen,
so wie wir es vorhin bei den Tänzern und Jongleuren hatten.

[Bild: haken-0015.gif] Aber die Spritzer, der zur Seite schwappende Wasserschwall -
....sie machen das Foto im wahrsten Sinn des Wortes "spritziger",
....als es eine Bewegungsunschärfe auch nur ansatzweise könnte!


.
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#3
.

Arrow .[SIZE="4]Bewegung wirft die Frage auf:[/SIZE]
.....[SIZE="4]wo kommt sie her - wo geht sie hin?[/SIZE]

Bewegungen haben oftmals eine bestimmte Richtung
und verlaufen wie ein Film mit einem Spannungsbogen.

[SIZE="4]-[/SIZE] .Wenn Du den Fernseher einschaltest und mitbekommst,
....wie jemand mit dem Messer im Bauch umkippt, dann weißt Du:
...."Aha, gleich kommt die Spurensicherung, danach Derrick und Harry,
....und dann beginnt eine fröhliche 60minütige Mörderjagd!"

[SIZE="4]-[/SIZE] .Wenn jedoch schon die Handschellen klicken, ist es zu spät.
....Dann hast Du den Krimi verpasst und der Schurke ist bereits überführt.

Ähnlich funktionieren Fotos, die eine fortlaufende Bewegung darstellen.
Nun gilt es herauszufinden, in welchem Stadium der Bewegung
das Bild am interessantesten wirkt:

0354
[Bild: 3127692605_b2e4601445.jpg]

In [SIZE="4]A[/SIZE] taucht der Hirsch gerade mal gemütlich ins Bild ein.
Er ist noch nicht ganz zu sehen, weckt aber schon Neugierde.

Auf Bild [SIZE="4]C[/SIZE] hat er die Bildmitte schon durchschritten.
Irgendwie sieht das ziemlich gelangweilt aus,
denn viel kann jetzt nicht mehr passieren, bis er wieder verschwindet.

Über [SIZE="4]D[/SIZE] brauchen wir erst gar nicht lange reden.
Um wackelnde Hinterteile zu foten, muss man nicht extra nach Australien reisen,
das gibt's an jedem Baggersee... MrGreen

Bleibt noch die Variante [B][SIZE="4]B[/SIZE]![/B]
Der Hirsch ist bereits in die Szene eingetreten,
befindet sich jedoch erst am Anfang seines Weges durchs Bild.
Da kann noch viel passieren, und das weitere Geschehen bleibt spannend.

[Bild: haken-0015.gif] Wir merken uns also:
....im Idealfall bewegt sich das Objekt ins Bild hinein
....und befindet sich noch ein Stückchen vor der Bildmitte.

Jetzt kann es aber auch sein, dass Du eine ganz spezielle Situation
mit einer ganz speziellen Bildaussage darstellen willst.
Nicht einfach nur eine Bewegung im Foto, sondern zum Beispiel:

..."Da macht sich jemand klammheimlich davon"
..."Der reuige Sünder kehrt zurück"
..."Nach langem Warten taucht endlich jemand auf"


:!:. Solche gezielten Aussagen hängen nicht zuletzt auch
.....von der Bewegungsrichtung und der Postion des Objekts ab!

Schaffen wir uns zunächst eine Szene.
Die besteht aus einer Fläche mit einem fixen Bezugspunkt (1) in der Mitte.
Außerdem erinnern wir uns an Kapitel 4:
der Blick des Betrachters wandert auf einem Foto
hauptsächlich von links nach rechts (2) und von oben nach unten (3).

0355
[Bild: 3128521926_d3d238b907.jpg]

Auf diesen Fixpunkt und die Betrachtungsrichtungen bezieht sich der Holzharry,
wenn er nun hin und her wandert:

0352
[Bild: 3127690459_96efdb1f3f.jpg]

Die gleichen Marschrichtungen, diesmal im unteren Bereich:

0353
[Bild: 3128520768_4207fd8b22.jpg]

Der Gartenstuhl symbolisiert den Punkt auf einem Foto,
den man mehr oder weniger bewusst als Zentrum des Geschehens wahrnimmt.
Er muss nicht unbedingt in der Mitte stehen, und es muss kein realer Gegenstand sein.

Die Marschrichtungen und damit auch die Bildaussagen werden aber um so klarer,
je deutlicher dieser Bezugspunkt ins Auge springt.

:!: .Nicht jedes bewegte Motiv muss unbedingt so arrangiert werden!

Wenn Du Tante Eulalia in Paris auf der Place de l'Etoile fotografierst
[SIZE="1](das ist der Kreisverkehr mit dem Triumpfbogen, wo man rein-, aber nie mehr rausfindet...)[/SIZE],
ist es Jacke wie Hose, wo die Autos herkommen und wo sie hinfahren.
[SIZE="4]1.[/SIZE] ist Tante Eulalia das Motiv, nicht der bewegte Verkehr, und
[SIZE="4]2.[/SIZE] machen die Pariser Autofahrer eh' was sie wollen...

Anders schaut das aus, sobald Du mit dem Objekt und der Richtung
seiner Bewegung eine bestimmte Bildaussage verbinden willst.

Dafür nehmen wir uns...

0364
[Bild: 3166997302_ec098ea29e.jpg]

Ein freundlicher Nachbar der Bärs knipst nun zwei Fotos zur Erinnerung -
eines, wie die Familie davondüst, und eines bei ihrer Rückkehr.

0365
[Bild: 3166223773_9103b08b46.jpg]

Ich sage mal nichts dazu, welches Bild die Abfahrt
und welches die Rückkehr zeigt - das dürfte eindeutig sein.

:?: .Gegenprobe:
.....ist die Fahrtrichtung mit anderer Position
.....und ohne Bezugspunkt immer noch so klar definiert?

0366
[Bild: 3167102800_2e84f9708d_m.jpg]

Einerseits fährt das Auto irgendwo hin.

Andererseits taucht es gerade erst ins Bild ein
und kommt somit irgendwo her.

[Bild: haken-0015.gif] Wieder einmal gilt:
....die Darstellung der Bewegungsrichtung ist kein Muss,
....sondern kann helfen, die Bildaussage anschaulich zu unterstützen.




Arrow .[SIZE="4]Kleines Sonderkapitel für alle Nachtschwärmer[/SIZE]

Nichts leichter als faszinierende Fotos von gleißenden Lichtern,
die durch die Finsternis rasen! ;-)

0367
[Bild: 3167285134_e9f65d2025.jpg]

Auch wenn es so aussieht: mit Zauberei hat das nichts zu tun ;-)

Man nehme:

1. ein Stativ
2. eine mittlere ISO
3. eine nicht zuuuu lange Verschlusszeit
....[SIZE="1](bei den Bildern oben z.B. 1/5 sec.)[/SIZE]
4. einen Funk-, Draht- bzw. Selbstauslöser
5. eine große Flasche Baldrian für die Nerven
....[SIZE="1](weil die ersten 20 Versuche garantiert in die Hose gehen...)[/SIZE]

Und warum nicht die kleinstmögliche ISO, wie bei Nachtaufnahmen
wegen der Rauschgefahr doch immer empfohlen wird?


Weil Du bei ruhenden Motiven ewig und drei Tage belichten kannst,
um genügend Licht in die Kamera zu lassen.

Bei solchen Fotos geht das nicht, denn die Bewegungen würden
mit langen Verschlusszeiten zu einem einzigen Matsch zerfließen.


Arrow. Folglich nimmst Du lieber ein kleines Rauschen in Kauf
.....und beseitigst es hinterher in der Bildbearbeitung.

Mit der Verschlusszeit steuerst Du den Grad der Verwischung,
alles andere ist eine Frage des Ausprobieren und davon abhängig,
wie hell das Motiv und wie dunkel die Umgebung ist.


Ganz ähnlich und doch ein bisschen anders funktioniert der beliebte Effekt eines Autos,
bei dem die Rückleuchten einen roten Schweif hinter sich herziehen:

0358
[Bild: 3167359934_b6162828a5.jpg]

Das Besondere dabei ist der Witz mit dem Blitz! MrGreen

Problem:
die Rückleuchten sollen zerfließen, aber das Auto selber scharf werden.

Lösung:
Du stellst den Blitz auf den "2. Vorhang" ein!

Arrow .Und jetzt passiert Folgendes:

Beim Drücken auf den Auslöser öffnet sich der Verschluss (1. Vorhang),
das Bild wird belichtet und das bewegte Motiv wischt durch.
Das helle Rücklicht bildet dabei einen schönen Streifen,
das dunkle Auto jedoch wird weitgehend unsichtbar.

Am Ende der gewählten Belichtungszeit geht die Klappe wieder zu (2. Vorhang).
Aber eine klitzekleine Winzigkeit vorher zündet der Blitz
und friert das sausende Auto messerscharf ein!

[Bild: haken-0015.gif] Voilà! [Bild: b035.gif]

.
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#4
.

Arrow .[SIZE="4]Tossing... was'n das?[/SIZE]

Das klären wir mittels einer kleinen Gutenachtgeschichte.

Es war einmal ein Mann, der wollte ein Selbstprotrait machen.
Also stellte er seine Kamera ab und den Selbstauslöser ein und begab sich in Pose.

Aber ohweh - nichts geschah! :stinkig:

So oft er es auch versuchte, das Ding streikte.
Und darüber geriet der Mann dermaßen in Wut,
dass er die Cam ergriff und in hohem Bogen wegwarf.

Doch plötzlich vernahm er ein leises *klick* -
mitten in der Luft hatte die Kamera doch noch ausgelöst!
Und als er sie aufhob und freudig feststellte, dass sie heil geblieben war,
da konnte er auf dem Display ein gar wundersames Foto betrachten: [Bild: c035.gif]

0368
[Bild: 3167448118_3e26fd7476.jpg]

Ob es sich bei dem Wüterich um Walter Pilsak gehandelt hat, weiß ich nicht.
Jedenfalls hat sich dieser der Technik des Kameraweitwurfs gewidmet
und zeigt in seinen Galerien faszinierende Fotos mit einem "etwas anderen" Reiz.

Einige in diesem Stil habe ich für Euch selber gemacht: ;-)

0369
[Bild: 3166667825_d69b284735.jpg]

Am ehesten eignen sich dafür bunte, kontrastreiche Motive in satten Farben,
denn durch das Wischen geht schon Einiges an Intensität verloren.
Tossingbilder sind daher auch heiße Kandidaten für HDR-Spielereien ;-)

Wer keine Lust hat, seine neue DSLR den Lüften anzuvertrauen,
dem sei zur Beruhigung verraten, dass es nicht auf Wurfhöhe oder -weite ankommt :icon_troest:

Arrow. Die Kamera soll sich drehen, soll schwenken und in Bewegung sein, mehr nicht.

...Du kannst sie am Halsriemen wie ein Lasso herumschleudern,
.....Du kannst den Riemen verzwirbeln und dann loslassen,
.......Du kannst sie an einer Schnur hin und her baumeln lassen.

0370
[Bild: 3167533862_2db4276784.jpg]

Aber wenn Du zu Weihnachten eine neue High-Tec-Cam geschenkt bekommen hast
und Dein alter Knipsautomat einem freudlosen Dasein in der Wäscheschublade entgegenblickt -
dann weißt Du hoffentlich, was Du zu tun hast:

0374
[Bild: 3173738704_5730974381_m.jpg]

Tossing Airlines wünscht "Guten Flug"! MrGreen

____________________________________________________________________

Für alle Neu- und Quereinsteiger:
Link zum Vorwort mit Inhaltsverzeichnis


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#5
Arrow. Hier in diesem Thread bitte nur Fragen, Kommentare, Anregungen,
... Kritik usw. posten, die sich direkt auf dieses Kapitel beziehen!

Arrow. Wenn Ihr etwas Allgemeines zu dem gesamten Machwerk
...."Bildaufbau und -gestaltung" loswerden möchtet, dann steht Euch
....im Thread "Vorwort" aller Platz der Welt zur Verfügung.

....Durch diese Trennung von allgemein und sachbezogen helft Ihr,
....den gesamten Beitrag für alle Leser übersichtlich zu halten.

Arrow .Hier im Thread seid Ihr natürlich herzlich eingeladen,
....Eure eigenen Umsetzungen des jeweiligen Themas zu posten,
....entsprechende Fotos und Bearbeitungen zu zeigen
....und über das Thema dieses Kapitels zu debattieren, wenn Euch danach ist!

Gruß,
Hans
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#6
Guten Morgen lieber Hans. Smile

Wieder mal witzig, spritzig alles erklärt.

Dankeschön dafür!!!! Bussi

Aber entweder hab ich mal wieder zu schnell gelesen
oder aber es stand da nichts drüber. confused

Ich hatte auch schon Panningversuche hinter mir und
weiß jetzt nicht in welchem Moment ich abdrücken muß??
Nehme mal jetzt so an wenn das Auto genau in meiner "Höhe" ist??

Bei den Rummeplatz Foddos, (nur mit Baldrian) haste noch vergessen
zu erwähnen, das man jede Menge Freunde mitnehmen sollte,
damit die einen Kreis um einen rum bilden, weil man sonst von den
Besuchern dort einfach umgerannt wird. :tease:
Hab ich leider selber schon erleben müssen. :stinkig:
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#7
Osiris schrieb:Ich hatte auch schon Panningversuche hinter mir und
weiß jetzt nicht in welchem Moment ich abdrücken muß??
Nehme mal jetzt so an wenn das Auto genau in meiner "Höhe" ist??
Wenn man ganz furchtbar päpstlich sein wollte, müsste man sagen:
drücken, kurz bevor es auf Deiner Augenhöhe ist,
und loslassen ebenso weit danach.

Letztendlich ist das eine Gleichung mit vielen Variablen.
- wie lange ist die Verschlusszeit?
- wie schnell ist das Objekt?
- wie weit bist Du davon entfernt?
- wie weit auseinander sind Objekt und Hintergrund?

So genau muss man es aber nicht nehmen.
Wenn Du nicht unmittelbar neben dem fahrenden Auto stehst,
wirkt sich seine Größenänderung kaum aus
und Du kannst auch ein bisschen vor oder hinter Augenhöhe foten.
Nur so schräg wie in den Bildern 0339, 0340 und 0341 klappt nicht.

Andererseits sollte der Abstand auch nicht zu groß sein.
Das Auto wird sonst (wenn auch nur scheinbar) zu langsam
und Du musst zwecks Verwischung sehr lange belichten,
was wiederum zum Verwackeln führt.
All das ist aber abhängig von der tatsächlichen Geschwindigkeit.

0361
[Bild: 5343749.jpg]

Ich mache das so:

1. Mit Autofokus auf den Punkt scharfstellen,
....an dem mich das Auto passiert und wo ich später abdrücken werde.
2. Umschalten auf manuellen Fokus.
3. Auto bereits in der Ferne anvisieren.
4. Auslöser halb drücken, Auto ins Fadenkreuz nehmen
....und mitziehen, so bekomme ich den "runden" Schwung in meine Bewegung.
5. Abdrücken, wenn das Auto "da" ist (wo ich denke, dass es hin soll...),
....Finger drauflassen und noch ein Stück weiter mitziehen.

Der letzte Punkt ist immens wichtig!
Würde ich den Finger gleich wieder vom Auslöser nehmen,
würde das die Kamera nur unnötig erschüttern.

Das Mitziehen nach dem Belichten hat den gleichen Effekt
wie das Auslaufen eines Läufers hinter der Ziellinie.
Soll die eigentliche Bewegung rund, konzentriert und störungsfrei sein,
dann muss sie vorher fließend beginnen und hinterher fließend ausschwingen.

Im übrigen verlierst Du beim Blick durch den Sucher
in der Annäherungsphase des Autos sowieso ein wenig den Überblick,
so dass Du den exakten Punkt der Augenhöhe gar nicht mitbekommst.



Osiris schrieb:Bei den Rummeplatz Foddos, (nur mit Baldrian) haste noch vergessen
zu erwähnen, das man jede Menge Freunde mitnehmen sollte,
damit die einen Kreis um einen rum bilden, weil man sonst von den
Besuchern dort einfach umgerannt wird.
Für seine Standfestigkeit ist jeder selbst verantwortlich!
Bei einem dreistelligen Gewicht auf 1,88m stellt sich
das Problem des Umrennens für mich eher weniger.

They call me "The Fels In The Brandung"... MrGreen

Die Bilder entstanden von ca. 20 Jahren Nachts um 11 auf dem Cannstatter Wasen.
Am Familientag wäre es dafür wahrscheinlich zu lebhaft...

Gruß,
Hans
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#8
Recht schönen Danke lieber Hans
für Deine nochmals ausführliche Erklärung. xmasdanke

Hmmmm....das Liest sich ja alles richtig "wissenschaftlich". :?

Ich hab noch ein Versuchsbild gefunden in meinem ganzen Bilderdurcheinander,
was nichts geworden ist.
Dachte erst ich hätte alles gelöscht gehabt.
Das war allerdings in einer 30er-Zone wo der Wagen aber mindestens 50 gefahren ist. Rolleyes
War dann ja wohl zu langsam gefahren und ich zu spät
abgedrückt??!

[Bild: 17tw01.jpg]
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#9
Osiris schrieb:War dann ja wohl zu langsam gefahren und ich zu spät abgedrückt??!
1. zu langsam,

2. etwas zu spät, macht aber in diesem Fall nix, weil

3. viiiel zu kurze Verschlusszeit!

Bei 1/100 sec entsteht durch Schwenken der Cam
lediglich eine leichte Unschärfe, aber kein Verwischen.

Schau Dir mal die Felgen an, die hast Du total eingefroren.
Auf einem Panning-Bild sieht man von den Räden nur noch
ein rotierendes Etwas wie bei Maren Gilzers Glücksrad MrGreen

Die 30er Zone ist auch etwas unglücklich gewählt,
weil der Spaß bei Autos so ab ca. 80 km/h beginnt.
Im Stadtverkehr musst Du zu lange belichten, damit der HG verwischt,
und dann wirst Du die Cam kaum noch gleichmäßig aufs Auto mitziehen können.

Gruß,
Hans
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#10
*höhö* war ja auch mein erster Versuch gewesen. :oops:

Dankeschön nochmal. Ich glaube es jetzt kapiert zu haben.
Bin immer noch mit den Verschlußzeiten, egal bei was für Aufnahmen, etwas auf Kriegsfuß. :kruecke:
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