Kleine Plauderei über Europa
#1
Moin,

nun zum x. Mal habe ich Deinen humorvoll- lehrreichen Bilder- Stadtbummel genossen.
Belgien ist eine Reise wert, vor allem die alten Städte, unter denen ich Gent und Brügge am besten kenne, Leuven nur flüchtig- nun aber aufgefrischt besser.:daumen:
Dass man immer noch aufpassen muss, wo man in diesem Land Französisch oder doch besser Deutsch oder Englisch spricht, mutet anachronistisch an im zusammenwachsenden Europa.
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#2
Hallo Lia,

ist Belgien nicht einfach nur eine Miniatur Europas?
Balkan, Ex-CSSR, Kaukasus, Irland und Nordirland, Basken -
ich sehe da wenig Zusammenwachsen, außer in Sonntagsreden.

Man muss sich das mal vorstellen:
  • seit einem Jahr ist das Land ohne legitimierte Regierung,
    acht (!) Vermittler sind bislang gescheitert, und die Notregierung
    darf noch nicht mal einen Haushalt verabscheiden.

  • Zur Bildung einer neuen Regierung müsste ein halbes Dutzend Parteien
    von sozialistisch bis rechtspopulistisch aller Sprachgruppen unter einen Hut!
  • Das wallonisch geprägte Brüssel z.B. liegt in einer flämischen Region,
    bildet einerseits zusammen mit Umlandgemeinden die sog. Hauptstadtregion
    und gehört andererseits zu einem Wahlkreis, der sich mit anderen Sprachgruppen schneidet.
Der Sprachenstreit bildet dabei lediglich die Überschrift
über einer ganzen Latte von Differenzen,
kulturell, politisch, wirtschaftlich, finanziell...

Ich habe mich vor einiger Zeit mit einem Brüsseler EU-Diplomaten unterhalten,
der die Philosophien der drei belgischen Volksgruppen satirisch beschrieben hat:


Wir wären gerne so glamourös wie die Franzosen,
selbst wenn deren Glanz auch nur eine mühsame Fassade ist.
Dann wären wir gerne so weltoffen und liberal wie die Holländer.
Außerdem wären wir gerne so organisiert und erfolgreich wie die Deutschen.
Und schließlich noch so multikulti-fähig wie die Schweizer.
Aber da wir Belgier sind, schaffen wir nichts von alledem.


Im Ausland, also z.B. hier in Deutschland wird das Thema dezent ignoriert,
ist ja auch eine Peinlichkeit erster Güteklasse für ein Land,
in dessen Hauptstadt sozusagen das politische Zentrum Europas liegt.

So weiß kaum jemand, dass es bereits Planspiele gibt,
Belgien zu zerschlagen und entsprechend der Sprachregionen
den Nachbarländern Frankreich, Holland, Deutschland und Luxemburg zuzuteilen.


Das mag sich jetzt vollkommen utopisch anhören,
aber man darf wirklich gespannt sein,
wie es mit dem Land in den nächsten Monaten weitergeht...

Gruß,
Hans
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#3
Zitat:ist Belgien nicht einfach nur eine Miniatur Europas?
Balkan, Ex-CSSR, Kaukasus, Irland und Nordirland, Basken -
ich sehe da wenig Zusammenwachsen, außer in Sonntagsreden.
Die Miniatur des Europa, was wir eigentlich überwinden sollten. und so ein bisschen Weg haben wir ja insgesamt doch geschafft im zwischenstaatlichen Zusammenleben.
Die Franzosen sind nicht mehr die Erbfeinde...
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#4
Lia schrieb:Die Franzosen sind nicht mehr die Erbfeinde...
Stimmt.

Sollte man den Franzosen bei Gelegenheit mal sagen,
speziell in "meiner" badisch-elsässer Grenzregion :lol:

Gruß,
Hans
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#5
Moin,

seit 1963 pflegt meine Familie, insbesondere meine Wenigkeit, intensive Kontakte nach Frankeich. Der Senior der Familie, nun 90 Jahre alt, war Resistance-Kämpfer und später hoher Polizei-Offizier.
Die Erbfeindschaft ertränkten er und mein Vater und weitere Beteiligte in Strömen von Champagner( in Reims) und anderen guten Dingen. Meine Generation und nun die Enkel folgten dem Beispiel mehrfach.
Die Zeit, die ich in Frankreich gelebt habe, immer mal wieder für länger, hat mich allerdings auch "romanisiert".
Es hat sich viel verändert in den Jahrzehnten seit 1963, dass es immer noch Schwierigkeiten mit der jeweils anderen Mentalität gibt, dass die Deutschen den Franzosen oft unheimlich sind, dass die Franzosen sogar Komplexe haben, die nicht nur mit den beiden Kriegen zusammenhängen, stimmt allerdings. Nur ist es nicht mehr die kriegslüsterne grundsätzliche Feindschaft.
Umgekehrt gibt es ähnliches- so ist u.a.die vordergründige Leichtigkeit des Seins der Franzosen immer noch vielen Deutschen suspekt.
Ist es aber in unserem wiedervereinigten Deutschland nicht immer noch oft genug ähnlich?
Die so total unterschiedlichen Biografien der älteren Generation, das eben nicht direkte Erleben des jeweils anderen Deutschland zieht gelegentlich Verstehens- und Verständigungsprobleme nach sich.
In der vergangenen Woche habe ich in der Beziehung viel dazu gelernt, und ich vermute, dass es umgekehrt ebenso Überraschungen gab, dass manches im Westen ganz anders war als es transporiert wurde.
Noch kleinräumiger: Wir Schleswig-Holsteiner, uraltes Bindestrich-Land, haben nicht so wirklich Ambitionen, mit HH und M-V zu einem Nordstaat zu verschmelzen, trotz doch sehr ähnlicher Mentalitäten.
Grenzregion Deutschland-Dänemark: Wesentlich entspannter als vor Jahrzehnten, letztlich kann man nicht ohne einander, versucht aber diesseits und jenseits der Grenze, in den jeweiligen Minderheiten die kulturellen und sprachlichen Eigenheiten friedlich zu bewahren- oder zu verschmelzen.
Flensburg ist ein bisschen dänisch, Aabenraa ein bisschen deutscher als Aalborg hoch im Norden, die deutsche Minderheit in Dänemark hat jenseits der Sprache mehr Dänisches als die dänische Minderheit in Deutschland- und doch merkt man sofort, wenn man die Grenze passiert hat, wo man ist.
Vielleicht ist es unser einerseits globalisiertes Leben, dass andererseits wieder nach kleineren, eigenen, festen Strukturen und Identitäten verlangt?
Dass beides, Frieden und eigene Identität samt jeweiliger Muttersprache nebeneinander möglich ist, bedeutet für mich vereintes Europa.
Dass der Weg noch lange nicht zu Ende gegangen ist, stimmt. Noch mehr Austausch jenseits der Touristenströme wäre gut, nicht alles der Politik überlassen- oder Fremdenführern, sondern selbst Kontakte knüpfen und voneinander lernen.
Das, glaube ich, können viele, wenn auch nicht alle Deutsche sogar oft besser als die sehr auf sich bezogenen europäischen Nachbarn.
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#6
Hallo Lia,

ein sehr interessantes Statement, auch wenn wir ein wenig (...) OT geraten ;-)
Aber ich denke, der Cheffe wird es uns verzeihen, zumal wir uns hier in keinem
ausgesprochenen Fachthread bewegen und unser Sujet schon im Artikel zur Sprache kam.

Besonders Deinen letzten drei Sätzen/Absätzen kann ich nur zustimmen!

Meine Familie kam ursprünglich aus dem Sudetenland, grob gesagt südlich von Sachsen.
Krieg, Vertreibung, Verlust von Hof, Besitz und vielen Menschenleben,
das ist Geschichte, und die dürfte wohl jeder aus der Schule kennen.

Spannend wurde es vor vielen Jahren, aber bereits nach dem Fall des Eisernen Vorhangs,
als ich in die damalige Tschechoslowakei fuhr, um die Heimat meines Vaters zu suchen.
Was ich fand, war so schrecklich, dass ich froh war, dass er das nicht mehr erleben musste:

- unsere ehemaligen Besitze niedergebrannt, verfallen oder zu Grunde gewirtschaftet
- die Gräber alter deutscher Familien geschändet, die Kirchen verwüstet
- die steinernen Inschriften alter Gebäude (Amtshaus, Bürgerschule, Polytechnikum usw.)
. offensichtlich mit Hammer und Meisel abgeklopft

Bevor nun jeder das wohl Naheliegende denkt:
nein - das waren NICHT die Tschechen!

Leute, die ich ansprach, weil ich sie im Dorfladen oder im Café deutsch sprechen hörte,
wandten sich wortlos von mir ab, töteten mich mich Blicken und spuckten vor mir aus!

Tschechen, junge wie alte, waren es, die mir weiterhalfen, dies und jenes zeigten
und freundlich auf alle meine neugierigen Fragen antworteten...

Oder: nach Beendigung der Schule hatte ich einen Ferienjob
am Karlsruher Standort eines bekannten Konzerns.
Täglich wurden in Bussen auch Hunderte von Beschäftigten
aus dem Elsaß auf der anderen Rheinseite angekarrt, Pendler eben.

Komisch - während ich die franz. Elsässer als kauzig, lustig und kumpelhaft in Erinnerung habe,
sonderten sich ihre deutschwurzeligen Landsleute herablassend von uns ab,
ganz so, als hätten sie es nicht nötig, noch nicht mal sich selbst.

Fahr' zum Daimler nach Rastatt oder Wörth,
zu Siemens, Michelin oder Bosch nach Karlsruhe -
es ist heute noch so!

Und noch heute hört man im Elsaß oftmals "Ah, les Boches...",
wenn am Wochenende die Autos mit dem D-Schild zum Shoppen kommen.

Wie soll man das große Europa begreifen und gestalten können,
wenn man sich der kleinen Nachbarschaft ratlos gegenüber sieht,
weil der 'französische Ausländer' netter ist als der 'muttersprachliche Landsmann'?

Aber was meckern wir - andernorts denkt und spricht man
noch ganz anders von unseren lieben Nachbarn
und ist z.B. in England heilfroh um das viele Wasser dazwischen:
[Bild: e045.gif] [Bild: e030.gif] [Bild: e065.gif] [Bild: a015.gif] [Bild: k030.gif]

Ken Bruce von BBC Radio2 sagte vor einigen Wochen
in einem Kommentar zum Thema Europapolitik:
"Das Selbstverständnis der Franzosen baut auf das völlig verklärte Bild,
das sie von sich, ihrem Land und ihrer Rolle in der Welt haben."


"Heureka!" kann ich da nur sagen... Rolleyes

Gruß,
Hans
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#7
Zitat:"Das Selbstverständnis der Franzosen baut auf das völlig verklärte Bild,
das sie von sich, ihrem Land und ihrer Rolle in der Welt haben."
Das stimmt zwar, trifft aber auch auf die Briten zu, die manchmal erschreckend wenig wissen, was den Rest der Welt betrifft.MrGreen
So ein bisschen Gegrummel gibt es in Britannien auch, meine in Dänemark lebende, mit einem Angehörigen der deutschen Minderheit verheiratete Freundin ist gebürtige Waliserin- klar kommen da Sprüche über die Engländer.
Deutsche und Niederländer lästern heftig übereinander, dennoch herrscht ein reger Grenzverkehr zwischen Venlo und z.B Duisburg, und eigentlich ist man ganz friedlich.
Dänen und Schweden? Die leicht puritanischen Schweden lästern über die dänische Genuss-Sucht, die Dänen über die armen Schweden, die nicht genießen können- und man fährt mal kurz über die Brücke, um im Nachbarland zu arbeiten oder zu leben.
In Belgien- um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen, ist das nur leider nicht Neckerei, sondern Ernst, dazu tragen die so unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Wallonie und Flandern bei. Blödsinnig, sich misstrauisch zu beäugen statt an einem Strang den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Ausnahmsweise könnte man da mal vom deutschen Nachbarn lernen.
Bei allem Gemotze über die Summen, die in den Osten gingen und gehen, bei allem Zähneknirschen, weil ich weiß, wie schlecht es mancher Stadt im Ruhrgebiet ging und wieder geht, wieviel Firmen hier aus OH und HL nach "nebenan" gingen, weil sie dort billige Grundstücke und Subventionen satt bekamen- so langsam wächst hier doch zusammen, was ( nicht nur für meine Begriffe) eben doch schon nicht mehr so einfach zusammen gehörte.
Feix, ich habe gegen Ossis längst nicht die Aversionen wie gegen Bayern, (West)Berliner und Kölner...
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#8
Lia schrieb:Das stimmt zwar, trifft aber auch auf die Briten zu, die manchmal erschreckend wenig wissen, was den Rest der Welt betrifft.
Kann ich jetzt aus meiner Erfahrung so nicht bestätigen.
Ich verbringe ja die Hälfte meiner Zeit in England,
komme dabei natürlich auch viel mit den Tommies zusammen,
und staune immer wieder, wieder flüssig wir miteinander
über Politisches, Kulturelles und Geografisches in Deutschland plaudern können.

Was vor allem auffällt: die Engländer hören zu, tauschen Meinungen aus,
fragen nach und sind interessiert - im Gegensatz zu den Franzosen,
bei denen der Smalltalk nach...
[INDENT]Von wo in Deutschland kommen Sie?
Aus Karlsruhe.
Ähhh...
Das ist nicht weit von Straßburg.
Ah jetzt ja. Wie nett...[/INDENT]
...meistens schon wieder ins Stocken gerät.



Lia schrieb:Deutsche und Niederländer lästern heftig übereinander,
Kein Wunder: die Holländer werden oftmals
als unseren kleinen Brüder angesehen, und das stinkt ihnen.
Und uns stinkt, dass die kleinen Brüder so rotzfrech sind 8-)

Letztendlich braucht man sich gegenseitig -
wir ihre Tulpen und sie unsere Autos.

Wusstest Du übrigens, warum Deutsche, die in Holland sterben,
nur auf dem Bauch liegend beerdigt werden?
So viel Erde, um das große Maul extra zuzuschaufeln, gibts gar nicht!



Lia schrieb:Dänen und Schweden? Die leicht puritanischen Schweden lästern über die dänische Genuss-Sucht, die Dänen über die armen Schweden, die nicht genießen können- und man fährt mal kurz über die Brücke, um im Nachbarland zu arbeiten oder zu leben.
Oder zum Saufen Rolleyes

Und von wegen die Schweden und puritanisch...!
Hast Du jemals die Tagesausflugsboote beobachtet?
Erhobenen Hauptes nach Dänemark und auf allen Vieren zurück!

"Haltet Dänemark sauber - bringt einen Schweden zum Schiff!"
Sagen die Dänen ;-)



Lia schrieb:In Belgien- um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen, ist das nur leider nicht Neckerei, sondern Ernst, dazu tragen die so unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Wallonie und Flandern bei.
Die Gräben sind in den letzten 100 Jahren so tief geworden,
dass sich kaum noch eine praktikable Lösung anbietet.
Der Sprachenstreit ist dabei nicht zu unterschätzen,
aber eben doch nur eins von vielen Problemen.

Traditionell protzte die Wallonie mit ihrem Bergbau und der Schwerindustrie,
während die dummen Flamen Äcker pflügten und Fische fingen.
Heute sind die Flamen stolze IT-Unternehmer, Fabrikanten und Kaufleute und die Wallonen arbeitslos.

Das Land ist in so ziemlich jeder Beziehung zersplittert,
die politischen Verhältnisse vollkommen unübersichtlich,
die Menschen zerstritten, der König hilflos, die Regierung ohne Befugnisse.
In Bananenrepubliken würde das Militär putschen, aber in Belgien?
Generäle, Feldwebel, Panzer und Kanonen haben sie dort zwar ein paar.
Aber eben keine belgischen.
Sondern nur flämische.
Oder wallonische.

confused

Wie einfach ist das hier in Deutschland!

Ob, Kölner, Hesse, Sachse, Bayer - ist mir alles gleich lieb.
Ich bin da vollkommen unvoreingenommen.
Ein Land, ein Volk.
Sind alles meine Brüder und Schwestern und Landsleute.

[SIZE="1]Solange es keine Schwaben sind...[/SIZE] :stinkig:

MrGreen

Gruß,
Hans
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#9
Zitat:Und von wegen die Schweden und puritanisch...!
Hast Du jemals die Tagesausflugsboote beobachtet?
Erhobenen Hauptes nach Dänemark und auf allen Vieren zurück!

"Haltet Dänemark sauber - bringt einen Schweden zum Schiff!"
Sagen die Dänen
Ich bekomme beide Nationen ständig mit, weil ich direkt an der Vogefluglinie wohne- oder früher in Kiel und Flensburg.
Sie nehmen sich nichts, wenn sie an Sprit gelangen, die Wiking-Nachfahren, aber daheim sind die Schweden sehr anders als die lebenslustigen Dänen.
Beim nächsten Fehmarn- Trip fotografiere ich mal den P-Platz vor dem Laden unmittelbar am Fähranleger Puttgarden, letzte Woche war ich zu faul, aber wäre mal eine Bilderserie wert. Samt der Frage, ob man nun in Schweden oder Dänemark ist und nicht auf Fehmarn in Schleswig-Holstein, Deutschland.
Übrigens fuhren die Fehmaraner vor dem Bau der Fehmarn-Sundbrücke nach Europa, wenn sie aufs Festland übersetzten.;-)
In GB habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, was den Blick über den Kanal angeht. Ähnliche wie Du, aber auch totales Nichtwissen und Desinteresse.
Zitat:..meistens schon wieder ins Stocken gerät.
Kann sein, kenne ich auch, aber nicht unbedingt als Regel.
So manches ungläubige Staunen beim Austausch über Arbeitsplatz, Urlaub, sonstige Gewohnheiten lässt mich noch nach Jahren grinsen.
An einen anderen Nachbarn denkend: Die Vorurteile gegen Polen waren riesig, in Polen umgekehrt genauso gegen die Deutschen. Auch da hat sich vieles geglättet, wenn auch längst nicht alles.
Schwaben? Das sind die, die kein Deutsch können, oder wie?
Belgien?
Ein unverständliches Trauerspiel mitten in einem Europa der allmählichen Annäherung. Wäre wirklich fast sinnvoll, wenn die Nachbarn mal die die Tatzen höben und mit Einverleibung der jeweils passenden Landesteile drohten, vielleicht hülfe das ja...
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#10
Lia schrieb:Sie nehmen sich nichts, wenn sie an Sprit gelangen, die Wiking-Nachfahren
Kann man so sagen... [Bild: a025.gif]

Ich kam mal in Kolding an, morgens um drei, Hotels dicht, minus 25 Grad.
Um mich einigermaßen warm zu halten, spazierte ich durch die menschenleeren Straßen.
Nie vorher und nie nachher habe ich in einer Stadt so viele Spirituosenhandlungen gesehen.
Und alle mit Gittern verrammelt, als würden morgen die Bolschewiken kommen.

Und mit Preisen, dass Du Dir kurz überlegst,
Dir Deinen Monatslohn künftig in Schnaps auszahlen zu lassen... :erschreck:



Lia schrieb:Schwaben? Das sind die, die kein Deutsch können, oder wie?
Genau die, Lia.

Aber bleiben wir doch fair:
das kann man von Ausländern auch nicht immer verlangen, oder?
[Bild: c060.gif]



Lia schrieb:In GB habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, was den Blick über den Kanal angeht. Ähnliche wie Du, aber auch totales Nichtwissen und Desinteresse.
Natürlich, keine Frage.

Aber warum willst Du Dir die Mühe machen, dafür nach England zu gehen?
Oder frei nach Goethe:
"Warum denn in die Ferne schweifen -
sieh', die Dummheit liegt so nah!"


Zum Beispiel hier... [Bild: grhl.gif?t=1221375577]


Nein, im Ernst, das Problem der Franzosen ist,
[SIZE="1](und das sagen sie mittlerweile vereinzelt schon selber!)[/SIZE]
dass sie sich ungeachtet der Gegenwart nach wie vor hemmungslos
im Abglanz verblasster Ludwigsepochen sonnen und partout nicht wahrhaben wollen,
dass längst eingestürzt ist, was bereits vor Hunderten von Jahren nur Fassade war.

Ein Spaziergang über die Champs Elysées offenbart den Zustand des Landes:
eine Theatertruppe, die in Brokatmäntelchen und Puderperücke nach Ovationen eines Publikums lechzt,
welches längst weitergezogen ist, weil es die Burlesque satt hat.

1789 haben sie den Intendanten ermordet,
aber sein Stück wollen sie immer noch spielen... Rolleyes


Prinzipiell hat England ein ähnliches Problem:
die Offiziere Ihrer Majestät und die Ladys der Landlords spielen kein Cricket mehr,
die Söhne der Peers geifen wegen Spielschulden nicht mehr zum Vorderlader,
der Earl Grey kommt nicht mehr auf den Segelschiffen der East India Company
sondern wird palettenweise in Blechcontainer von Hapag Lloyd gestopft,
und, ganz schlimm, Rolls Royce gehört den Deutschen und Jaguar den Chinesen!

Trotzdem spielen sie weiter das britische Empire-Monopoly,
allerdings mit 3 Unterschieden zum französischen Goldpuderhalma:

1.

England war immer eine Insel und wird es bis zur nächsten Eiszeit wohl auch bleiben.
Während auf dem Kontinent ein reger Austausch von Kultur, Idenditäten und Kriegen stattfand,
weil man ja nur die Pferde anspannen brauchte, um irgendwohin zu kommen,
war man in GB isoliert und viel weniger Einflüssen von außen ausgesetzt.

Heute hat jeder ein Auto, klar, und viele Engländer setzen am Wochenende mal kurz über.
Dann fahren sie jedoch nicht auf 'den Kontinent', sondern 'nach Europa' ;-)
Um die jahrhundertelange Abgeschiedenheit breiter Volksschichten zu überwinden
braucht es nun mal mehr als einige Jahrzehnte allgemeiner Mobilität.

2.

Im Gegensatz zu den Franzosen erkennen die Engländer ihr Spiel als Spiel
und erheben es nicht zur Wahrheit, die gefälligst ein Jeder zu akzeptieren hat.
Und dabei spreche ich von den Menschen selber, nicht von der Politik und erst recht nicht von der Krone!

Sie sind in der Globalität angekommen und zelebrieren das 'very british' mit Stolz
wie die Bayern das Schuhplatteln, die Rheinländer den Karneval und die Fischköppe das Bosseln.
Aber eben auch mit einer guten Portion Selbstironie, die den Franzosen völlig abgeht.

3.

Ich höre in England oft den Satz:
"Eine Schande, wie unser Land den Bach runter geht!"
In Frankreich hat mir als Ausländer das noch nie jemand gesagt.
Die Engländer wissen, wo sie (leider) stehen, und sie schämen sich dafür.
Aber sie geben es zu und sprechen es aus.



Lia schrieb:Wäre wirklich fast sinnvoll, wenn die Nachbarn mal die die Tatzen höben und mit Einverleibung der jeweils passenden Landesteile drohten, vielleicht hülfe das ja...
Ich fürchte, das wäre das Übelste, was passieren könnte!
Es waren IMMER die Anderen, die gesagt und bestimmt haben:
die Gebieter der früheren wallonischen Montanindustrie saßen im französischen Lille,
das einzige flämische Juwel, der Hafen von Antwerpen gehörte den Holländern,
und selbst die relativ stillen Deutschen im Osten haben genug von dem ewigen Geschubse,
wollen mit allen ihren Frieden, aber von keinem (und erst recht nicht von Deutschland) neuen Druck.

Selbst wenn der wirkliche Wunsch nach Neuverteilung an die Nachbarn von innen käme,
würden sich die jeweiligen Sprachgruppen doch auch wieder unter fremde Herren begeben.
Und dann bleiben sie schon lieber zusammen und streiten munter weiter.
Pest oder Cholera...

Ich sehe eine Lösung am ehesten in einer umfassenden Staatsreform,
die ja letztendlich auch von allen Beteiligten angestrebt wird,
und zwar nach US-amerikanischen Vorbild, nur noch viel radikaler.
Ein Föderalstaat mit so weitreichender Eigenständigkeit der Gruppen wie irgend möglich,
mit einer nur noch für übergeordnete Interessen zuständigen Zentralregierung.
Außenpolitik, Verteidigung usw. - alles Andere muss direkt in die Hände vor Ort.

Gruß,
Hans
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