13.11.2008, 23:30
[SIZE="6]11. Produktfotos arrangieren[/SIZE]
[SIZE="4]Ordnung ist das halbe Leben...[/SIZE]
... so wurde uns von unseren Eltern immer eingetrichtert.
Dabei haben sie uns jedoch wohlweislich verschwiegen,
dass die andere Hälfte viel spannender und lustiger ist!
Mit dieser Erkenntnis wollen wir heute das Thema "Produktfotos" angehen.
:?:. Worum geht es dabei?
Nun, bislang haben wir immer darüber gesprochen,
wie man Urlaubs- und Landschaftsbilder aufbaut,
Personenfotos lebendig gestaltet, Motive in Szene setzt
oder mit Lichtsituationen umgeht.
Also alles Dinge, die sich um das Fotografieren von realen Szenen drehen.
:!:. Diesmal beschäftigen wir uns damit, ein Bild zu bauen,
.....das aus einem oder mehreren Gegenständen besteht.
.....Keine Kulisse, keine Handlung, keine Landschaft.
.....Nur das/die Objekt/e und sonst nix!
Die Einsatzmöglichkeiten dafür sind vielfältig,
sei es das Produktfoto für Ebay, Bilder von Sammlerartikeln
oder einfach nur ein nettes Stillleben.
Im Untertitel dieses Kapitels ist von "Ordnung" die Rede.
Da klingt bereits an, dass die Elemente oder Gegenstände in einem Bild
auf eine bestimmte Art und Weise arrangiert werden wollen.
Dazu mal ein Beispiel:
0280
Links hast Du eine wunderbare Ordnung -
der Herr Lehrer thront mittig, und seine Schäfchen
drapieren sich brav und dröge um ihn herum.
Das rechte Bild, wenn auch nur ein mittelprächtiger Schnappschuss,
schaut gleich viel lockerer und interessanter aus.
Drei sitzen - einer hockt obenauf.
Drei wenden sich der Cam zu - eine schaut seitlich.
Eine gewisse Ordnung ist da ja durchaus zu erkennen: 3 + 1.
.Aber die Ordnung ist alles andere als streng.
.....Sie wirkt zufällig, bunt, angenehm durcheinander...
Dieses "geordnete Durcheinander" erforschen wir jetzt mal genauer
und beginnen dafür wie Adam und Eva - mit einem Apfel!
. Folgende Aufgabe: stelle das Thema "Apfel" dar -
.....frisch, positiv, spannend, anregend... aber nur mit Äpfeln!
Naheliegend: einfach so'n Ding fotografieren:
0281
Toll, ein Apfel!
Kennt jeder, hat jeder, interessiert keinen.
Also werden wir etwas eindringlicher
und geben dem Single drei Kollegen zur Seite:
0282
Macht schon mehr her als der einsame Einzelkämpfer,
wirkt aber immer noch ziemlich langweilig.
Nächster Versuch - wir nehmen noch mehr Äpfel
und machen die symmetrische Ordnung kaputt:
0283
Nee, das war wohl auch nix,
irgendwie macht das ganze Bild keinen Sinn mehr...
Probieren wir's mal mit Farbe:
0284
Das wirkt so schön bunt, dass es fast schon wieder weh tut.
Und trotzdem ohne jeden Pepp!
Tragen wir also zusammen, was wir bis jetzt rausgefunden haben:
[SIZE="4]-[/SIZE] .ein einziges Element ist ein bisschen wenig, mehrere Elemente sind besser.
[SIZE="4]-[/SIZE] .totale Ordnung ist langweilig, totales Chaos zu wild.
[SIZE="4]-[/SIZE] .ein wenig Farbauflockerung wäre nicht schlecht, aber nicht zu viel.
Das alles kombinieren wir, indem wir...
[SIZE="4]-[/SIZE] .mehrere Elemente zusammenfügen
[SIZE="4]-[/SIZE] .daraus eine Ordnung herstellen
[SIZE="4]-[/SIZE] .und diese Ordnung mit etwas (!) Farbe durchbrechen:
0285
Und noch drei Varianten:
0286
Kommt Dir so eine Darstellung irgendwie bekannt vor?
Auch wenn Du die bisherigen Kapitel nicht mitgelesen hast,
könntest Du anhand der Apfelbilder ein Prinzip erkennen,
das in der Fotografie sehr oft zur Anwendung kommt.
Vielleicht helfen Dir ja ein paar Linien, damit der Groschen fällt... ;-)
0287
BINGO!!!
Die Position des Rotbäckchens liegt ungefähr im Goldenen Schnitt!
[SIZE="1]Wer davon noch gar nichts gehört hat - macht nix,
hier kann man es nochmal nachlesen.[/SIZE]
Der Goldene Schnitt ist bei Produktfotos kein absolutes Muss.
Wie will man z.B. zwei Gegenstände nach der Drittelregel anordnen?
Geht nicht!
Aber er erklärt, warum die letzten Beispielfotos so ansprechend wirken:
es ist das, was ich im Kapitel 2 eine "harmonische Asymmetrie" genannt habe,
also eine grundsätzliche Ordnung, die aber leicht durchbrochen wird
und damit weicher, runder, weniger starr... einfach harmonischer erscheint.
Das Grundmuster einer Ordnung aufzubauen ist nicht schwer.
Dafür nimmt man einfach mehrere gleiche Elemente
und setzt sie in eine regelmäßige Anordnung zueinander.
:?: .Bleibt die Frage, wie man die Ordnung so durchbrechen kann,
.....dass sich diese harmonische Asymmetrie ergibt.
Betrachten wir die auffälligsten Unterscheidungsmerkmale von Gegenständen,
nämlich ihre Farbe, Form und Größe sowie die jeweilige Position im Bild,
dann ergeben sich für jeweils fünf Elemente z.B. folgende Muster:
0288
Jetzt aber bitte nicht am diesem "4+1" festbeißen,
und auch nicht an der waagerechten Ausrichtung!
:!: .Wichtig ist nur, dass einige Elemente eine Ordnung bilden,
.....die von einem oder mehreren weiteren Elementen durchbrochen wird.
Die Ausreißer bleiben dabei jedoch bitt'schön deutlich in der Unterzahl,
damit die Vorherrschaft der Ordnung nicht all zu sehr ins Wanken gerät.
In diesem Sinne noch ein paar Variationen...
0292
Denkbar ist auch, dass sich mehrere Ordnungen gegenüberstehen
und in ihrer Unterschiedlichkeit zu einer Gesamtharmonie zusammenfinden:
0289
Dann sollten aber schon einige gleiche Attribute vorhanden sein,
damit das ganze Konstrukt nicht auseinander fällt.
.Bild 0292 ist nur eine Ansammlung von Beispielen.
.....So wirkt es und so soll es sein.
.Im Bild 0289 dagegen finden die einzelnen Ordnungen über ihre
.....gemeinsamen Eigenschaften Kugel, Beleuchtung und Schatten zueinander
.....und verbinden sich zu einer Einheit - nicht symmetrisch, aber harmonisch.
.....Die Eigenschaften Farbe, Größe und Position wiederum sorgen für die "Unordnung",
.....die dem Gesamteindruck Spannung verleiht und Leben einhaucht.
So, jetzt ist aber genug mit Äpfeln, Kugeln und sonstigen Formen!
Da Du bisher so geduldig warst, Dir die ganze Theorie anzutun
[SIZE="1](zumindest hoffe ich, dass Du noch da bist... ;-))[/SIZE],
gibt es jetzt jede Menge Fotos zu sehen,
die die praktische Umsetzung zeigen.
.